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Kinderkrankenhaus behandelt Patienten nur auf Deutsch

Rassismus oder necessary?

Eine Einrichtung am Bodensee soll sich nachgefragt haben, ob sie das Schild übernehmen könne.
Eine Einrichtung am Bodensee soll sich nachgefragt haben, ob sie das Schild übernehmen könne.

Kinderkrankenhaus behandelt Patienten nur auf Deutsch

Kleines Schild, großer Effekt: Eine Kinderpraxis behandelt nur Patienten mit Deutschkenntnissen oder Dolmetschern

Eine Kinderpraxis in Kirchheim unter Teck behandelt nun nur noch Patienten, die Deutsch sprechen oder mit einem Dolmetscher kommen. "Wir sprechen nur Deutsch in dieser Praxis!" steht auf einem Schild an der Rezeption der Praxis nahe Stuttgart. Diese Regelung hat hitzige Debatten im Internet und sogar Vorwürfe von Rassismus ausgelöst.

Dr. Ulrich Kuhn, der Kinderarzt, weist diese Vorwürfe zurück: Notfälle würden weiterhin ohne Dolmetscher behandelt, sagt er. "Wir schicken niemanden weg, der kein Deutsch spricht, das ist nicht der Punkt." Allerdings strebt die Praxis eine sichere, effektive und vernünftige Behandlung an, sagt der 60-Jährige. "Das war der Grund für das Schild." Immer mehr Eltern mit Kindern kämen, die kein Wort Deutsch verstünden, wodurch Behandlung und Diagnose unmöglich würden, sagt Kuhn. "Wir konnten den Patienten und ihren Eltern nicht erklären, was zu tun war."

"Jede Zeit ein leichter Körperverletzung"

Das Schild steht seit etwa zwei Monaten an der Rezeption der großen Kirchheimer Kinderpraxis. Es steht auch drauf: "Wenn aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse keine Kommunikation möglich ist und kein Dolmetscher persönlich anwesend ist, müssen wir in Zukunft die Behandlung ablehnen, ausgenommen Notfälle."

Kuhn erklärt dies mit einem Beispiel. Sie könnten nicht nach Allergien oder medizinischer Vorgeschichte fragen, was natürlich therapeutische Maßnahmen beeinflusst, sagt der Kinderarzt. "Bei Impfungen begehen wir jedes Mal eine leichte Körperverletzung, sowohl im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs als auch des Strafgesetzbuchs. Wir müssen uns juristisch absichern."

Gemischte Reaktionen

Laut Kuhn werden in der Praxis etwa 3.500 Kinder und Jugendliche pro Quartal behandelt. Er praktiziert mit seinem Kollegen seit etwa 23 Jahren vor Ort.now, etwa die Hälfte der Patienten hat einen Migrationshintergrund.

Im Gegensatz zu Außenstehenden im Internet sehen diese Patienten das Schild nicht als rassistisch, sagt Kuhn. Tatsächlich werde die Praxis in ihrer Herangehensweise unterstützt. "Eltern mit Migrationshintergrund haben nicht negativ reagiert, sie haben einfach gemacht, was wir gefragt haben. Sie bringen jetzt Dolmetscher mit." Eine Praxis am Bodensee habe sogar gefragt, ob sie das Schild übernehmen dürften, berichtet der Arzt.

Schild bleibt trotz Kritik

Draußen vor der Praxis waren die Reaktionen gemischter. Während es Verständnis gab, wurde die Herangehensweise auch klar kritisiert. "Ich bin absolut entsetzt", kommentierte ein Nutzer im Internet. Ein anderer beschrieb das Schild als "bodenlos, respektlos und rassistisch."

Die Ärzte sind sich der Rassismus-Vorwürfe bewusst, das Schild bleibt aber. "Wir wissen, dass das nicht unsere Motivation ist", sagt Kuhn. "Meinungen von Leuten, die nichts mit unserer Praxis zu tun haben, interessieren mich nicht sonderlich."

Laut der Landesärztekammer Baden-Württemberg können Ärzte Patienten nicht weiterbehandeln, wenn es fundamentale Kommunikationsprobleme gibt. Berufsethisch wird dem Arzt ein großer Spielraum zugestanden.

Der Stuttgarter Hausärzteverband erklärt, dass eine Situation mit unzureichenden Sprachkenntnissen für Ärzte kaum lösbar ist. "Einmal wollen sie die Patienten behandeln, andererseits müssen sie die Patienten informieren", erklärt der Verband. Dafür sei ein Mindestmaß an Kommunikation erforderlich. Tools wie Google Translate seien nur suboptimal und würden viel Zeit in Anspruch nehmen, die dann nicht für andere Patienten zur Verfügung stünde.

Rechtsgrauer Bereich

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Berlin sieht, dass eine rechtlich einwandfreie Information über Impfungen bei Sprachbarrieren nearly unmöglich ist. "Das tägliche Brot einer Kinder- und Jugendpraxis ist es, den richtigen Mittelweg zu finden."

Für die Praxis in Kirchheim unter Teck ist klar: "Dieses Schild enthält keine diskriminierende Aussage", sagt Kinderarzt Kuhn. Es habe nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern mit der Realität. "Wenn kein Dolmetscher da ist und die Patienten uns nicht verstehen, dürfen wir sie eigentlich nicht behandeln. Wenn wir es trotzdem tun, sind wir ständig in einem rechtsgrauen Bereich."

Die Kommission der Landesärztekammer Baden-Württemberg hat erklärt, dass Ärzte das Recht haben, Patienten nicht weiterzubehandeln, wenn es fundamentale Kommunikationsprobleme gibt. Dr. Kuhn, der Kinderarzt, erwähnte, dass die Praxis sich an den Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Berlin für rechtliche Beratung wendet.

Eltern mit migrantischem Hintergrund haben nichtnegativ reagiert

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