Soziales - In Thüringen gibt es keine Gewaltunterkünfte für Männer
Wenn Männer in Thüringen Gewalt durch einen Partner erleiden und ihre Wohnung kurzfristig verlassen müssen, müssen sie sich um einen Platz in einer Schutzeinrichtung in einem anderen Bundesland bemühen. Grund: Noch immer gibt es im Freistaat keine Gewalt gegen Männerschutzwohnungen. Früher lebten die Betroffenen überwiegend in Sachsen, sagte Gabi Ohler, Thüringens Gleichstellungsbeauftragte.
Ob sich diese Situation in absehbarer Zeit verbessern wird, bleibt abzuwarten. Schließlich liegt derzeit ein rot-grüner Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Gleichstellungsförderungsgesetzes vor, der die Einrichtung von Schutzeinrichtungen für Männer vorsehen soll. Oller sagte, der Gesetzentwurf werde derzeit im Landtag beraten.
Bisher sind nur wenige Menschen betroffen
Allerdings ist der Bedarf der Männer an gewaltresistentem Wohnraum nach Olers Einschätzung überschaubar. Außerhalb Thüringens wurde in den letzten Jahren nur eine einstellige Zahl an Männern in solchen Wohnungen untergebracht. Wenn es in Beziehungen zu Gewalt kommt, sind in den meisten Fällen Frauen die Opfer. Oller sagte, die Erfahrung zeige, dass etwa 20 Prozent der Betroffenen von Gewalt in der Partnerschaft Männer seien. In den restlichen 80 % der Fälle wurde die Gewalt gegen Frauen verübt.
Gewaltschutzunterkünfte für Frauen stehen in fast allen Gegenden zur Verfügung
Dieser Befund ist über die Jahre hinweg relativ stabil, was ein Grund dafür ist, dass es in Thüringen keine gewaltgeschützten Wohnungen für Männer, dafür aber für Frauen gibt. Nach Angaben des Thüringer Sozialministeriums gibt es solche Angebote in fast allen Regionen und kreisfreien Städten. In Jena gibt es die Fachberatungsstelle A4, die von Gewalt in der Partnerschaft betroffene Männer berät.
Die Datenbasis ist schwierig
Es lässt sich nicht beziffern, wie viele Männer in Thüringen in letzter Zeit Opfer zwischenmenschlicher Gewalt geworden sind. Ohler sagte, es sei auch unmöglich zu sagen, ob die kürzlich erfassten Zahlen tatsächlich gestiegen seien, weil die Volkszählung von 2020 auf 2021 verschoben worden sei. Zudem handelt es sich bei den von der Polizei erfassten Daten nur um vorläufige Statistiken.
Gegen alle Männer, die Anzeige erstatten, wird ein Verfahren aufgenommen. „Es kommt nicht selten vor, dass es sich bei diesen Gegenvorwürfen im Rahmen eines Rechtsstreits um falsche Anschuldigungen oder Notwehrhandlungen handelt, die ohne die vorangegangene männliche Gewalt nicht erfolgt wären“, sagte Oler Partnergewalt gegen Männer muss selbstverständlich ebenso strafrechtlich verfolgt werden wie Fälle von Partner- oder Ex-Partnergewalt gegen Frauen.“
Vom Dunkelfeld zum Hellfeld
Ein weiterer Grund, warum es unmöglich sei, zuverlässig zu sagen, ob die Gewalt gegen Männer in Beziehungen in letzter Zeit zugenommen habe, sei, dass das Thema weniger tabuisiert werde, sagte Oler. Ein weiterer Treiber dieser Entwicklung ist, dass mittlerweile landesweit Lobby- und Beratungsorganisationen für Männer gegründet wurden, die Gewalt in der Partnerschaft erlebt haben. Dadurch ist das Problem in der Öffentlichkeit stärker in den Fokus gerückt, sodass ein solches Verhalten, das zwar schon einmal vorkam, aber nie registriert wurde, nun bekannt ist. Ohler sagte, es gebe eine zunehmende Verlagerung vom Dunkelfeld zum Hellfeld.
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Quelle: www.stern.de