Der Wohnungsneubau in Deutschland gerät zunehmend unter Druck. Der Auftragsbestand ging laut Ifo-Institut im Dezember den fünften Monat in Folge zurück. „Zu den Hauptgründen gehören ein deutlicher Anstieg der Wohnungsbaudarlehen, ein starker Anstieg der Baukosten und eine Kürzung der Bundeszuschüsse für den Neubau“, sagte ifo-Experte Ludwig Dorffmeister am Mittwoch. „Die Gesamtsituation für private Bauherren und Wohnungsunternehmen hat sich stark verschlechtert .”
Die Wohnungsbaugenehmigungen in Deutschland gehen weiter rapide zurück. Im November seien 24.304 Wohnungen zum Bau genehmigt worden, 16 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mit.
Von Januar bis November wurden 321.757 Wohnungen bewilligt, das sind minus 5,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders stark war der Rückgang bei Einfamilienhäusern (-15,9 %).
Baustoffpreise sind stark gestiegen
Angesichts der Wohnungsnot ist die Zahl der Baugenehmigungen gestiegen, ein wichtiger Indikator in vielen Städten. Allerdings werden die genehmigten Wohnungen oft gar nicht erst gebaut, weil die Handwerker und Baufirmen nicht in der Lage sind. Auch die starken Preissteigerungen bei Baumaterialien und Bauland verlangsamen sich. Die Preise für neue konventionell gefertigte Wohngebäude stiegen im November im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast 17 Prozent.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat kürzlich eingeräumt, dass das Ziel der Ampel-Allianz von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr nicht erreicht wird. Viele Bauherren verzögern oder stornieren Projekte aufgrund höherer Kreditzinsen und hoher Baupreise.
Düstere Aussichten
Nach zwei guten Jahren werden die Aussichten für den Wohnungsbau auch durch Verbesserungen in anderen europäischen Ländern getrübt. Der Neubau in Europa könnte nach Schätzungen der Forschungsgruppe Euroconstruct in diesem Jahr um 2 % zurückgehen. Italien hat seine bisher sehr hohe Sanierungsförderung reduziert. „In den meisten europäischen Ländern sollten die jüngsten Energiepreisschocks jedoch zu mehr Investitionen in den Wohnungsbestand führen“, sagte Dorffmeister.
Die stärksten positiven Impulse kamen vom Tiefbau, sagte der Experte. Investitionen in die Energieversorgung, den Ausbau der Verkehrswege und den öffentlichen Nahverkehr lassen den Tiefbau in diesem Jahr um 2,9 %, im nächsten Jahr um 1,8 % und 2025 um 2,2 % wachsen. Die größten Zuwächse werden in Italien, Norwegen, der Slowakei und Polen erwartet.