Historiker: „Wahlloses Gedenken“ an Denkmälern
Laut dem Historiker Jens-Christian Wagner mangelt es Denkmälern für gefallene Soldaten oft an historischer Einzigartigkeit. Der Direktor des KZ Buchenwald sagte: „Oft wird wahllos der Toten gedacht – den Gefallenen des Ersten Weltkriegs, den Wehrmachtssoldaten und SS-Angehörigen des Zweiten Weltkriegs, den Nationalsozialisten und den Opfern politischer Verfolgter in Ostdeutschland und Vertriebenen.“ Mittelbau- Dora Memorial Foundation, Deutsche Presse-Agentur. „Es verwischt alles“, sagte er. Hier mangelt es an kritischem Geschichtsbewusstsein.
Am Memorial Day an diesem Sonntag wird vielerorts in Gedenkstätten der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Laut dem Amt für Landesdenkmalpflege und Archäologie gibt es in Thüringen mehr als 1.000 Denkmäler, die an die Kriege des 19. und 20. Jahrhunderts erinnern und auf Kirchenvorplätzen, Friedhöfen und Dorfwiesen zu finden sind. Kilian Jost, Referent des Landesamtes, antwortete auf Anfrage, dass etwa 400 der Statuen aufgrund ihrer historischen oder künstlerischen Bedeutung unter Denkmalschutz stünden. Die meisten Denkmäler wurden ursprünglich zum Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs (1914–1918) errichtet.
Kunstskulpturen, Militärbilder
Die meisten von ihnen wurden in den 1920er Jahren geschaffen, wie die Reiterskulptur in Gera-Aga von der Bildhauerin Lisa Simczik (1890-1954). Wie Skulptur. Andere entstanden in der Zeit des Nationalsozialismus – mit für die NS-Zeit typischen militärischen Motiven. So steht beispielsweise auf dem Röblitz-Friedhof im Ortsteil Unterwellenborn (Bezirk Saalfeld-Rudolstadt) die 1935 fertiggestellte Skulptur eines Soldaten mit Helm und Schwert in der Hand. Allerdings sind Steine mit Reliefs von Kriegssymbolen wie Eichenlaub oder Stahlhelmen häufiger als Skulpturen.
Kriegsverherrlichende Denkmäler, die teilweise zur Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870 errichtet wurden, sind laut Jost/71 erhalten geblieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg und in der DDR-Zeit wurden sie jedoch häufig abgerissen.
Häufige Umwidmung
Der typische Ansatz bei Gedenkstätten ist, dass sie mehrmals umgewidmet werden, sagte Jost. In Ostdeutschland wurden sie meist als Denkmäler für die Opfer des Nationalsozialismus oder als Friedensdenkmäler deklariert. Nach der Rückkehr wurden die Gedenkaktivitäten „ausgebaut“. „Damit alle Gruppen wieder zueinander finden.“
Für den Historiker Wagner war das ein Problem – vor allem, wenn dazu auch Wehrmachtssoldaten gehörten, die im Zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen begangen hatten, oder SS-Angehörige im Krieg. „So wird auch an die Täter gedacht“, kritisierte er.
Quelle: www.dpa.com