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Granaten werfen: „Er wusste, dass das, was er tat, falsch war“

Es war der tragische Höhepunkt eines blutigen Konflikts zwischen zwei Gruppen im Raum Stuttgart: Ein 23-jähriger Mann, der im Juni eine Granate in eine Trauergemeinde geworfen hatte, steht vor Gericht. Am Ende konnte offenbar nur ein Zweig die Tragödie verhindern.

Der Angeklagte saß zu Beginn des Prozesses auf einem Stuhl im Gerichtssaal. Foto.aussiedlerbote.de
Der Angeklagte saß zu Beginn des Prozesses auf einem Stuhl im Gerichtssaal. Foto.aussiedlerbote.de

Prozess - Granaten werfen: „Er wusste, dass das, was er tat, falsch war“

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das, was Anfang Juni auf einem Friedhof mit 6.000 Einwohnern in der Gemeinde Altbach bei Stuttgart geschah, blutig enden könnte: Ein 23-jähriger Mann warf eine Granate in eine Gemeinde. Trauernde. Zu diesem Zeitpunkt standen etwa 50 Menschen vor dem Bestattungsinstitut und hatten sich gerade von einem jungen Mann verabschiedet. An diesem Tag im Frühsommer war die Zahl der Todesfälle nicht hoch und es war reiner Zufall. Die Granate prallte von einem Ast ab, landete 30 Meter von der Menschenmenge entfernt und explodierte dort. Dennoch wurden mindestens 15 Menschen verletzt, einige davon schwer.

Der mutmaßliche Granatenwerfer muss sich seit Donnerstag vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Mit einem Urteil ist nicht vor Mitte März zu rechnen. Die Staatsanwaltschaft, die ihm versuchten Mord vorwarf, sagte zu dem heimtückischen und gefährlichen Angriff auf die Trauergemeinde: „Er hat bewusst ausgenutzt, dass Trauernde den Verstorbenen vermissen.“

Anschließend beschrieb er die Auswirkungen der vielen bis zu drei Millimeter großen Stahlkugeln, die durch die Explosion in die Luft geschleudert wurden, auf dem Friedhof: Sie durchschlugen die Arme, Schultern und Oberschenkel der Trauernden, eine der Kugeln riss in das Grab. Ein Fragment des Körpers des Opfers traf einen Mann am Ohr und ein Fragment traf einen anderen Mann am Hals. Eine weitere Kugel blieb in der Nähe der Lunge des Opfers stecken. Einige Trauernde mussten sich einer Operation unterziehen, andere leiden noch immer unter Panikattacken und Stressstörungen.

Der Angeklagte äußerte sich zu Beginn des Prozesses nicht persönlich zu der Tat, ließ aber die Stellungnahme seines Verteidigers zu. Sein Anwalt Stefan Holoch sagte, die Anschuldigung sei richtig, der 23-Jährige entschuldigte sich umgehend: „Er wollte mich dazu benutzen, sich bei allen Geschädigten zu entschuldigen.“ Sein Beteiligter wusste, dass sein Verhalten falsch war. "Sehr falsch."

Auch das Werfen einer Granate kann schwerwiegende Folgen für den Täter haben. Als er nach dem Rauswurf versuchte, mit einem Taxi zu fliehen, zerrten ihn mehrere Trauergäste aus dem Auto und schlugen brutal auf ihn ein. Bevor die ersten Rettungskräfte eintrafen, sprangen und stampften sie auf seinen Kopf und Körper, wodurch der Iraner eine schwere traumatische Hirnverletzung erlitt, woraufhin er nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf der Intensivstation lag und eine Zeit lang in dem Zimmer blieb ein paar Tage. Die beschuldigten Schläger sollen ab nächster Woche vor Gericht erscheinen.

Vor Gericht erzählte der junge Mann sein Leben, behauptete jedoch oft, dass es Lücken in seiner Erinnerung gebe. „Ich erinnere mich nicht an viel“, sagte er. Er litt unter Kopfschmerzen und Schlafstörungen – ob dies eine Folge des Schädel-Hirn-Traumas war, ist unklar. Er teilte dem Gericht mit, dass er bei einem acht Meter tiefen Sturz vor einigen Jahren weitere Kopfverletzungen erlitten habe und der junge Mann auch von Tumoren gesprochen habe.

2006 floh er mit seiner Familie aus dem Iran nach Deutschland. Sein Vater wurde dort politisch verfolgt und entging der Hinrichtung. In Deutschland belegte der heute 23-Jährige Deutschkurse, absolvierte die Realschule und begann verschiedene Ausbildungen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt und obwohl er der Begehung von Straftaten verdächtigt wurde, wurde er lediglich geduldet.

Hintergrund der Tat war nach Angaben der Ermittler eine monatelange Fehde zwischen zwei rivalisierenden Gruppen im Raum Stuttgart. Die Staatsanwälte sagten, die Angeklagten gehörten kurdischen Gruppen in den Regionen Stuttgart-Zuffenhausen und Göppingen an. „Er vermutete, dass bei der Beerdigung viele Angehörige oder Sympathisanten des Feindes anwesend sein würden.“ Nach Angaben der Ermittler konzentrierte sich diese vor allem auf die Umgebung von Esslingen.

Seit Monaten kämpfen die Gruppen gegeneinander, im Großraum Stuttgart geht die Gewalt weiter. Es wurden mehrfach Menschen erschossen. Vorfälle ereigneten sich in Stuttgart-Zuffenhausen, Plochingen, Asperg im Landkreis Ludwigsburg und Esslingen im Landkreis Göppingen. Nach Angaben des Landeskriminalamtes wurden bisher mehr als 40 Personen festgenommen.

Aus Sicherheitsgründen wird die Verhandlung in einem Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stamheim stattfinden. Dutzende Einsatzfahrzeuge werden am Donnerstag vor dem Gerichtsgebäude geparkt und Besucher werden am Eingang kontrolliert. . Noch war alles ruhig: Es erschienen keine Mitglieder der rivalisierenden Gruppe.

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Quelle: www.stern.de

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