- Einschüchterung und Drohung: Der politische Kreuzzug Thüringer
Protestierende und Barrieren, später ein Einsatz der Polizei mit Schlagstöcken und Pfefferspray: In Jena haben Demonstranten eine Wahlveranstaltung des AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke gestört. Online feiern Höckes Gegner die Störungen als Erfolg, während die AfD sich als Opfer sieht. In den kommenden eineinhalb Wochen wird ein neuer Thüringer Landtag gewählt, und der Wahlkampf hat eine hohe Spannung erreicht. Seit Wochen reisen Landespolitiker durch die Region - und treffen auf Proteste, Gegendemonstrationen oder unzufriedene Bürger.
Politischer Graben im Wahlkampf
"Demokratie braucht Resilienz", steht auf einem Thüringer Grünen-Wahlplakat, während die AfD Höckes Bild mit Sonnenbrille und dem Schriftzug "Fast schon unzulässig gut" promotet. Die politische Gräben in diesem Bundesland sind an fast jeder Straßenecke während des Wahlkampfs zu spüren, gipfelnd in Jena am Dienstag in einer Demonstration mit geschätzten 2000 Teilnehmern. Einige hielten Schilder mit Slogans wie "Vielfalt statt Einfalt" oder "Keine Macht den Extremisten".
In Umfragen liegt die Thüringer AfD mit Werten um 30 Prozent vorne. Keine andere Partei möchte mit der als sicher rechtsextrem eingestuften Partei zusammenarbeiten, Höckes Fraktion könnte aber bis zu einem Drittel der Sitze im neuen Parlament gewinnen und damit ihren Einfluss deutlich ausbauen.
Dementsprechend hat sich auch die Sprache nicht nur unter den Bürgern, sondern auch unter den Politikern verhärtet. Der CDU-Kandidat Mario Voigt bezeichnet Höcke als "Selbstzerstörer" für Thüringen. Höcke sprach hingegen auf einer Kundgebung davon, die CDU "verprügeln" zu wollen, und bezeichnete sie als "transatlantische Vasallenpartei" und "kastrierte Union".
Jenas Vorfall am Dienstag
Laut Augenzeugenberichten näherte sich in Jena am Dienstag Höckes Gefolge mit seinem Fahrzeug den Demonstranten. Die Polizei griff mit Schlagstöcken ein und drängte die Demonstranten zurück, was Kritik von der Linken-Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss hervorrufen konnte. Die Polizei untersucht derzeit mögliche Fehlverhalten. Laut Stadt waren Sitzblockaden nicht genehmigt.
Große Demonstration dieses Wochenende erwartet
Der Thüringer AfD-Vorsitzende Stefan Möller gibt an, dass die Gewalt von links komme und AfD-Veranstaltungen betroffen seien. Er kritisierte die absichtliche Anmeldung von gegnerischen Wahlkampfveranstaltungen, die die Durchführung dieser Veranstaltungen behindern würden.
Auf der anderen Seite wird von der Linken häufig Sachbeschädigung an Wahlbüros genannt, zuletzt betroffen das Büro des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Nach einer AfD-Wahlkampfveranstaltung letzte Woche in Gera untersucht die Polizei einen angeblichen Fall von Nötigung und versuchter Körperverletzung gegen einen Freelancer-Journalisten. Auch soll der Hitlergruß gezeigt worden sein.
Todesdrohungen gegen Gedenkstätten-Direktor
Nachdem der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, die Thüringer Wähler vor der AfD gewarnt hatte, erhielt er Todesdrohungen. Sein Konterfei wurde auf einem Stele an der Mittelbau-Dora-Gedenkstätte angebracht, und er erhielt eine E-Mail mit Todeswünschen.
Wiederum sind Proteste gegen die Rechte in verschiedenen Städten des Freistaats für dieses Wochenende geplant. In Erfurt werden unter anderem Tausende erwartet. Auch am Wahltag selbst sind große Demonstrationen vor dem Erfurter Dom und vor dem Landtag angemeldet - ebenfalls mit thousands of expected participants.
König-Preuss sagte bezüglich der Jena-Demo, dass der Blockade ein wichtiger Schritt war, "dass endlich jemand diesem Rassismus, Antisemitismus und Höckes Hassrede Einhalt geboten hat". "Wenn der Staat mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, nicht handelt, ist es lobenswert, dass die Zivilgesellschaft sich selbst in die Hand nimmt."
Jena ist als Hotspot für politische Spannungen während des Wahlkampfs bekannt, mit häufigen hitzigen Debatten und Protesten. Aufgrund der eskalierenden Situation gelang es den Demonstranten in Jena, eine AfD-Wahlveranstaltung zu stören, was von Oppositionsunterstützern gelobt und von der Partei selbst kritisiert wurde.