Die „heiße Phase des Börsenjahres“ hat begonnen
Seit Anfang November hat der deutsche DAX-Index deutliche Fortschritte gemacht und neue Höchststände erreicht. Und das Ende der Fahnenstange muss nicht unbedingt erreicht sein. Mit der endgültigen Zinsentscheidung des Jahres steht den Märkten eine richtungsweisende Woche bevor.
In der neuen Woche werden alle Augen an der Börse auf die Abschlusssitzungen der weltweit wichtigsten Zentralbanken in den USA und Europa gerichtet sein. Nahezu alle Marktteilnehmer prognostizieren bei ihren Sitzungen am 13. und 14. Dezember, dass die Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinspause verlängern werden. Allerdings sind die Ohren der Menschen gespitzt, denn es bleibt abzuwarten, ob die jüngsten Fantasien der Anleger über Zinssenkungen verstärkt oder zunichte gemacht werden.
„Das Motto der vergangenen Woche war ‚Hoffnung für die Geldpolitik‘“, schreiben Hraba-Experten. Die Währungsbehörden versuchen, einen überhitzten Arbeitsmarkt abzukühlen und die Inflation durch Zinserhöhungen zu kontrollieren. Doch laut dem aktuellen US-Arbeitsmarktbericht „können Börsenanleger nur in begrenztem Umfang gut leben“, kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. Diese Zahlen sind nicht sehr stark, aber sie reichen aus, um eine erwartete erste Zinssenkung zu verzögern.
Andererseits sagten Experten von Capital Economics, dass das relativ starke Beschäftigungswachstum hauptsächlich mit der zyklischen Beschäftigung und der Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Streiks zusammenhängt. Ohne diese Sondereffekte wäre die Entwicklung weiterhin so schlecht wie zuvor – entsprechend einer weiteren Konjunkturschwäche im vierten Quartal. Diese Erklärung würde die Hoffnungen auf eine rechtzeitige Zinssenkung nicht schmälern und könnte zu weiteren neuen Höchstständen für den DAX-Index führen. Letztlich beginne mit dem US-Arbeitsmarktbericht die „heiße und letzte Phase des Börsenjahres“, schreiben die Experten von Index Radar.
„Wir gehen davon aus, dass die EZB im April erstmals die Zinsen senken wird, während wir den ersten Zinsschritt der Fed erst im Juni erwarten“, schrieb Bankhaus-Metzler-Chefvolkswirt Edgar Walk, als er die wirtschaftliche Lage des Euro in der Region beurteilte ist schwächer als die der Vereinigten Staaten. Darüber hinaus geht Walker davon aus, dass die Kerninflation im Euroraum deutlich schneller sinken wird als in den USA.
Die Aktienmärkte reagierten zunächst verhalten auf die Daten. Auf Wochensicht stieg der deutsche Leitindex um 2 % auf 16.690 Punkte und erreichte sogar ein Rekordhoch von 16.727 Punkten. Die Rally hat seit Anfang November nun zu einem Zuwachs von rund 12 % geführt. Die Zahl der Arbeitsplätze im Einzelhandel stieg auf 16.783.
„Vorzeitiges Schenken“?
Einige Analysten stehen den Hoffnungen der Marktteilnehmer skeptisch gegenüber. Sascha Rehbein, Portfoliomanager bei der Weberbank in Berlin, sagte: „Die anhaltenden Preissteigerungen an den Kapitalmärkten fühlen sich an wie ein verfrühtes Geschenk vom Weihnachtsmann.“ Allerdings betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in ihrer jüngsten Stellungnahme, dass die Zentralbank zu weiteren restriktiven Maßnahmen bereit sei Maßnahmen ggf.
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Isabelle Schnabel, sagte, dass die Europäische Zentralbank angesichts des „erheblichen“ Rückgangs der Inflation die Zinsen vorerst möglicherweise nicht weiter anheben werde. „Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass der jüngste Inflationsrückgang auf den ersten Blick weitaus weniger dramatisch ist“, sagte Mark Dowding, Chefinvestor beim Vermögensverwalter BlueBay. Im vergangenen Jahr sind die Preise stark gestiegen, die Inflation ist ungewöhnlich hoch. Daher erscheinen die aktuellen Zahlen im Jahresvergleich niedriger. Dieser Effekt wird jedoch in den kommenden Monaten verschwinden.
Viel wirtschaftliche Aktivität, wenige Unternehmen
Der mit Abstand wichtigste Wirtschaftstermin der neuen Woche für Anleger sind die US-Inflationsdaten am Dienstag. Experten gehen davon aus, dass die Inflationsrate im November weiter sinken könnte. Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz kommentierte: „Dieses Mal sind jedoch die Energiepreisschwankungen der Hauptgrund dafür, weshalb die Menschen nur bedingt aufatmen dürften.“ „Potenziell bleibt der Inflationsdruck zu hoch.“
In der Eurozone warten die Anleger vor allem auf die Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes für Dezember an diesem Wochenende. Im Durchschnitt erwarten Experten einen Anstieg des Branchenindex auf 44,5 Punkte von 44,2 Punkten im November. Der Dienstleistungsindex wird voraussichtlich von zuvor 48,7 auf 49,0 steigen. Beide werden jedoch weiter unter die Schwelle von 50 fallen, während Sektoren oberhalb dieser Schwelle wachsen sollen.
Darüber hinaus wird am Dienstag die ZEW-Konjunkturprognose veröffentlicht, die einen weiteren konjunkturellen Lichtblick darstellt. Zuletzt stieg das Stimmungsbarometer der deutschen Finanzexperten vier Monate in Folge, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau. Darüber hinaus veröffentlichten viele Institutionen zum Jahresende Konjunkturprognosen für das Jahr 2024.
An der Geschäftsfront wird die kommende Woche ruhig sein. Der Medizintechnikhersteller Carl Zeiss Meditec wird am Dienstag seine Jahreszahlen veröffentlichen, der Ingenieurdienstleister Bertrandt am Donnerstag. An anderer Stelle gibt es diese Woche Neuigkeiten aus der Modewelt: Inditex zieht neun Monate nach Beginn des Geschäftsjahres Bilanz und H&M meldet Umsätze für das vierte Quartal.
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Quelle: www.ntv.de