Justiz - Die Gerichte verurteilen junge Menschen in der Regel, als wären sie Jugendliche
Ist ein Jugendlicher zum Zeitpunkt der Begehung einer Straftat unter 21 Jahre alt, wird er in Hamburg in der Regel nach Jugendstrafrecht verurteilt. Im Jahr 2022 wurden 501 Jugendliche von den Hamburger Gerichten verurteilt. Wie der Senat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion erklärte, wenden die Richter in 87 Prozent der Fälle das Jugendstrafrecht an. Der Bundesdurchschnitt liegt deutlich darunter. Nach den neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2021 wurden nur 61 Prozent der Angeklagten zwischen 18 und 21 Jahren nach dem härteren Erwachsenenstrafrecht verurteilt.
Nach dem Jugendgerichtsgesetz ist "Jugendstrafrecht" anzuwenden, wenn der Beschuldigte in seiner sittlichen oder geistigen Entwicklung mit einem Jugendlichen vergleichbar ist oder wenn es sich um Jugendkriminalität handelt. Beim Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund.
Das Bundesjustizministerium erklärt hierzu, dass es nicht in erster Linie darum geht, Fehlverhalten zu bestrafen oder zu kompensieren, sondern zu verhindern, dass der betreffende Jugendliche erneut straffällig wird.
Anlass für den Antrag der CDU war der Ausgang des Prozesses um die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark. Am 28. November verurteilte die Jugendkammer des Landgerichts neun Angeklagte zu Haftstrafen nach Jugendstrafrecht. Der zehnte Angeklagte wurde freigesprochen. Die Kammer setzte die Jugendstrafen der acht Angeklagten für ein bis zwei Jahre zur Bewährung oder zur so genannten vorläufigen Bewährung aus, was bedeutet, dass die Entscheidung über die Aussetzung der Strafe erst nach sechs Monaten getroffen wird. Nur ein 19-Jähriger, der zum Tatzeitpunkt noch minderjährig war, erhielt eine härtere Strafe: zwei Jahre und neun Monate Gefängnis ohne Bewährung.
Es bestehe kein Zweifel daran, dass in Hamburg in fast 90 Prozent der Fälle, in denen Jugendliche betroffen sind, das Jugendstrafrecht angewandt werde, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thuring. "Es ist unwahrscheinlich, dass die geistige Entwicklung jugendlicher Straftäter in Hamburg im Vergleich zu Straftätern in anderen Teilen Deutschlands in erheblichem Maße zurückbleibt." Entweder müsse es klare Konsequenzen in Schule und Jugendhilfe geben, oder das Jugendgerichtsgesetz müsse auf Bundesebene geändert werden. Lin fordert eine wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema.
Kleine Anfrage zu § 105 des CDU-Jugendgerichtsgesetzes
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Quelle: www.stern.de