Die Bundesregierung ist optimistisch, dass es bei den festgefahrenen EU-Asylreformgesprächen dennoch zu Fortschritten kommen wird. Ein zentrales Element der Reform, die sogenannte Krisenregulierung, lehnte sie bisher aufgrund der Kritik der Grünen ab. Die EU-Innenminister werden die Gespräche über die Regelung am Donnerstag in Brüssel fortsetzen – und Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochabend, sie erwarte eine politische Einigung.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich zuversichtlich in die Reformarbeit insgesamt. „Wir werden ein neues gemeinsames europäisches Asylsystem verabschieden, das Solidaritätsmechanismen für die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen vorsieht. Das ist ein Wendepunkt“, sagte er der Wirtschaftswoche.
Worum geht es?
Eines der Ziele der geplanten Asylreform ist die Begrenzung der irregulären Migration. Dazu gehört auch die Krisenregulierung. Es sieht beispielsweise vor, dass strenge Quarantänezeiten verlängert werden können, wenn die Zuwanderung besonders stark zunimmt. Insbesondere die Grünen lehnen die Regelung ab, weil sie befürchten, dass die Schutzstandards für Migranten in Krisensituationen in einer für sie nicht vertretbaren Weise gekürzt werden könnten.
Wie es weitergeht
Laut Regierungsangaben kündigte Scholz am Mittwoch im Kabinett an, dass die Krisenaufsicht nicht mehr behindert werden dürfe. Aus dem Außenministerium von Annalena Berbock (Grüne) hieß es lediglich: „Die Verhandlungen laufen nun endlich in Brüssel.“ Christian Dürer, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, lobte die „klare Position“ von Scholz und sagte gegenüber den Medien „Table.Media“. : „Wir haben hier eine einzigartige Chance, die Einwanderung insgesamt besser zu organisieren, und diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen.“
Wie ist die Situation
Stand: Ende August Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registrierte mehr als 204.000 Asylanträge, ein Anstieg von 77 % im Vergleich zum Vorjahr. Darüber hinaus sind mehr als eine Million Menschen kriegsbedingt aus der Ukraine nach Deutschland geflohen, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen. Erfahrungsgemäß gebe es in der zweiten Jahreshälfte oft mehr Asylanträge als in der ersten Jahreshälfte, prognostizierte Markus Söder, Vorsitzender der CSU, in der Augsburger Allgemeinen: „Die Zahl der Asylanträge in Deutschland wird bei knapp 400.000 liegen.“ .“ Dies wird die Bundeszahl sein. Die dritthöchste Zahl in der Republik, nach Spitzenwerten in den Jahren 2015 und 2016 (745.545).
Was als nächstes passiert
In dieser Nacht hielt man es in Brüssel für unwahrscheinlich, dass es vor einer Einigung zu einer weiteren umfassenden Überarbeitung des aktuellen Entwurfs zur Krisenregulierung kommen würde. Sobald dieser Streit geklärt ist, dürften die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament fortgesetzt werden, was für Reformen wichtig sein wird. Manfred Weber, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, der konservativen europäischen Parteienfamilie im Europaparlament, und stellvertretender Vorsitzender der CSU, sagte gegenüber der Bayern Mediengruppe: „Eine Einigung noch in diesem Jahr ist möglich.“ p>
Das liegt vor allem daran, dass die bevorstehende Europawahl im Juni 2024 brisant ist. Projekte, die nicht mit den Mitgliedsregierungen ausgehandelt wurden, können erneut in Frage gestellt werden. Weber warnte: „Wer sich immer noch weigert, den breiten europäischen Konsens zu unterstützen, ist mitverantwortlich dafür, dass Lösungen verzögert werden und Aktivisten stärker werden.“
Welche Baustellen
Feser auch öffentlich macht brachte seine Unterstützung für die Erneuerung des EU-Türkei-Migrationsabkommens zum Ausdruck. „Wir müssen die Protokolle aktualisieren“, sagte sie dem Nachrichtenportal t-online. „Wir müssen jetzt erneut darauf drängen, uns an die getroffenen Vereinbarungen zu halten und sie gegebenenfalls neu zu verhandeln.“
Kontrovers gibt es in Deutschland auch über den Ausbau fester Grenzkontrollen. Bisher gibt es diese Kontrollen, die für die EU gelten müssen, nur an der Grenze zu Österreich. Die EU hat sie auch gebeten, sich mit Grenzfragen zu Polen und der Tschechischen Republik zu befassen, wo die Zahl der Migranten stark gestiegen ist. Feser lehnte diesen Ansatz als personalintensiv und ineffizient ab und wollte lediglich temporäre und flexible Kontrollen, die nicht in Brüssel umgesetzt werden müssten. „Wir brauchen jetzt auch ein starkes Wort der Bundeskanzlerin bei den Grenzkontrollen“, sagte Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Bundestagsfraktion, der Nachrichtenagentur dpa. Faeser verhindert aktiv die Möglichkeit einer Einreiseverweigerung an der Grenze.