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Berger: Die Kommunen haben keinen Spielraum

Der Bürgermeister von Grimma bedauert die wachsende Entfremdung zwischen dem Staat und der kommunalen Ebene. Meanwhile leiden die Kommunen und Kreise unter wachsenden finanziellen Belastungen.

Der unabhängige Oberbürgermeister von Oberfranken, Matthias Berger, sieht die Gemeinden Sachsens in...
Der unabhängige Oberbürgermeister von Oberfranken, Matthias Berger, sieht die Gemeinden Sachsens in einer kritischen Situation.

- Berger: Die Kommunen haben keinen Spielraum

Der Bürgermeister von Grimma, Matthias Berger (unabhängig), sieht die Kommunen in Sachsen in einer prekären Lage. "Die Haushalte sind nicht mehr ausgeglichen, weil die Kosten explodiert sind. Wir haben kein Geld mehr, um aktiv und innovativ zu sein. Die Kommunen werden in jeder Hinsicht mikroverwaltert", sagte der 56-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Zwischen Landes- und kommunaler Ebene gibt es eine Kluft. Ministerpräsident Michael Kretschmer, obwohl kommunikativer als sein Vorgänger Stanislaw Tillich (beide CDU), und ein netter Mensch, "hat keine strukturellen Veränderungen vorgenommen, die dem Freistaat nutzen würden", so Berger.

Der ehemalige sächsische Finanzminister Georg Unland (CDU) hatte dieses Problem bereits vor Jahren angesprochen. In einer Rede beim Finanzamt in Grimma sagte Unland, dass Sachsen ohne eine Reduzierung der Bürokratie und strukturelle Veränderungen auf einen finanziellen Abgrund zusteuere. "Die Zahl der Beamten sollte einmal auf 70.000 sinken, jetzt steuert man auf 100.000 zu. 40 Prozent des Landeshaushalts gehen für Personalausgaben drauf. Das ist bitter aus Sicht eines kommunalen Politikers", betonte Berger.

Bürgermeister fordert ehrliche Bewertung

Vor zehn Jahren hatte der Freistaat gerade so über die Runden gewirtschaftet. Nun scheint er zurückzufallen. Das zeigt sich in vielen Bereichen wie dem Gesundheitssystem, der inneren Sicherheit und der Bildung. "Wir brauchen eine ehrliche Bewertung, um herauszufinden, was wir uns noch leisten können", sagte Berger, der als Spitzenkandidat der Freien Wähler für die Landtagswahl am 1. September antritt. Viel Geld werde für Dinge ausgegeben, die nicht wirklich entscheidend seien.

"Wir glauben, wir machen alles richtig, aber wir leben schon lange über unsere Verhältnisse. Als ich 2001 Bürgermeister von Grimma wurde, hatte die Stadt Steuereinnahmen von einer Million DM und eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1.800 DM, also etwa 500.000 und 900 Euro. Aktuell liegen die Steuereinnahmen bei 12,5 Millionen Euro und die Verschuldung bei 240 Euro." Trotzdem reiche das Geld nicht, weil laufend neue Aufgaben von Bund und Land hinzukommen.

Gemeinden haben keinen Spielraum

In Bergers Augen ist die kommunale Selbstverwaltung nur noch Formsache, weil die Gemeinden keinen Spielraum mehr haben. Viele Ideen würden gebracht, aber ihre Umsetzung funktioniere nicht. Daher adoptierten viele lokale Verantwortungsträger heute eine Mentalität, die an DDR-Zeiten erinnert - "lasst die da oben nur reden".

"Wir brauchen eine ehrliche Bewertung. Wir brauchen klare Strukturen und Verantwortlichkeiten", sagte Berger. Extreme Hierarchien wie in Sachsen seien falsch. Den Gemeinden müsse mehr Verantwortung übertragen werden. Es dürfe nicht sein, dass sie "bitten müssen, um eine Glühbirne zu wechseln".

Streit um kommunale Finanzen vorübergehend beigelegt

Ende Juni wurde ein Streit um die kommunalen Finanzen in Sachsen vorübergehend beigelegt. Das Land einigte sich mit den kommunalen Verbänden auf wichtige Punkte für die kommunale Finanzausgleich für die Jahre 2025 und 2026. Unter anderem erhalten die Kreise und kreisfreien Städte jeweils insgesamt 162,5 Millionen Euro für die kommenden beiden Jahre, vor allem zur Unterstützung von sozialen Ausgaben. Die den Kreisen angehörigen Gemeinden erhalten einen Investitionszuschlag von 82 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich für die Jahre 2025 und 2026.

Die Spitzenverbände hatten zuvor immer wieder betont, dass ohne eine Significant Verbesserung der Finanzierungszuteilungen die hohen Kostensteigerungen von Städten und Gemeinden in den nächsten beiden Jahren nicht mehr kontrollierbar seien. Der CDU-Landrat Henry Graichen hatte die Defizite der Kreise für diesen Zeitraum auf 833 Millionen Euro geschätzt.

Grimma, die Stadt, in der der ehemalige sächsische Finanzminister Georg Unland eine warnende Rede über Bürokratie und Budgetprobleme gehalten hat, wird nun von Bürgermeister Matthias Berger regiert. Berger betonte, dass die Steueraufkommen der Stadt seit 2001 von einer Million DM auf heute 12,5 Millionen Euro gestiegen sind, neue Aufgaben und finanzielle Belastungen durch Bund und Land jedoch den Spielraum der Stadt einschränken.

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