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Beendet Polen-Wahl den Zoff mit Brüssel?

Parlamentswahl in Polen:Donald Tusk (M), Oppositionsführer von Polen, bei der Stimmabgabe für die Parlamentswahl.
Donald Tusk (M), Oppositionsführer von Polen, bei der Stimmabgabe für die Parlamentswahl.

Vieldeutig kommentierte Polens Präsident Andrzej Duda am Tag danach die Parlamentswahl in seinem Land. «Denjenigen, die diese Wahl gewonnen haben, gratuliere ich von ganzem Herzen», sagte Duda am Montag bei einem Besuch in Rom.

Wer der Gewinner ist, sagte der Präsident gleichwohl nicht. Stattdessen appellierte Duda an alle politischen Lager, die Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses am Dienstag abzuwarten. Doch wer hat die Wahl gewonnen? Am Wahlabend reklamierten sowohl die nationalkonservative Regierungspartei PiS als auch der Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO) den Sieg für sich.

Die seit 2015 regierende PiS wird zwar laut Prognosen stärkste politische Kraft. Aber ihre absolute Mehrheit ist weg, ein geeigneter Koalitionspartner nicht in Sicht. Dagegen wären drei Oppositionsparteien in der Lage, unter der Führung des früheren EU-Ratspräsidenten Tusk eine neue Regierung zu bilden. Sollte es so kommen, wird sich an Polens Kurs vieles ändern.

Deutsch-polnisches Verhältnis

Mit ihrer Forderung nach 1,3 Billionen Euro Weltkriegs-Reparationen nervte die PiS-Regierung Berlin, mit antideutscher Hetze wollte sie im Wahlkampf Stimmen gewinnen. Doch die Mehrheit der Polen hat ein positives Bild vom Nachbarland, wie das deutsch-polnische Barometer regelmäßig zeigt. Ein skurriler Wahlkampfspot der PiS, in der ein fiktiver Bundeskanzler Olaf Scholz dem Oppositionsführer Tusk das polnische Renteneintrittsalter vorschreiben wollte, ging in Polen viral – in unzähligen Parodien.

Mit einem Regierungswechsel in Warschau würde sich das bilaterale Verhältnis entspannen, glaubt Agnieszka Lada-Konefal vom Deutschen Polen-Institut. «Man wird kooperationsbereiter sein – im deutsch-polnischen Verhältnis wie auch in der EU.» Die jetzige Opposition werde zufrieden sein, wenn Deutschland sich zur Zusammenarbeit bereit erkläre – etwa beim Deutsch-Polnischen Haus in Berlin oder einem Fonds für Entschädigungsleistungen und zukunftsorientierte Projekte.

Streit mit der EU-Kommission um Rechtsstaatlichkeit und Migration

Die PiS hat das polnische Justizsystem umgebaut und liegt deshalb im Dauerstreit mit Brüssel. Die EU-Kommisssion hat mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen das EU-Mitglied eingeleitet und blockiert einen milliardenschweren Corona-Hilfsfonds. Angesichts wirtschaftlich schwieriger Zeiten und hoher Inflation bezweifeln viele Polen, dass sich ihr Land den Verzicht auf die EU-Milliarden leisten kann. Die Bürgerkoalition von Tusk hat im Wahlkampf angekündigt, dass sie die Justizreform rückgängig machen will, damit Polen die Gelder erhält.

Keine Änderung dagegen wird es voraussichtlich bei der Position Polens zum EU-Asylkompromiss geben, der eine verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen durch die Mitgliedsländer vorsieht. Die PiS-Regierung lehnt das ab. Vertreter der Bürgerkoalition äußerten sich ähnlich. Sie wollen allerdings konzilianter vorgehen und mit Brüssel darüber verhandeln, dass berücksichtigt wird, dass Polen und andere mittelosteuropäische Länder viele Flüchtlinge aufgenommen haben.

Verschärfung des Abtreibungsrechts

Die Verschärfung des polnischen Abtreibungsrechts war der wohl größte innenpolitische Fehler der PiS. Im Oktober 2020 entschied das von der PiS kontrollierte Verfassungsgericht, dass Frauen auch dann keine Abtreibung vornehmen dürfen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen aufweist. Danach gab es wochenlange Proteste. Alle drei Oppositionsparteien, die möglicherweise die neue Regierung bilden könnten, haben unterschiedlich weitgehende Vorschläge für eine Lockerung des Abtreibungsrechts.

Unterstützung für die Ukraine

Das EU- und Nato-Land Polen hat fast eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und ist einer der wichtigsten politischen und militärischen Unterstützer Kiews. Zuletzt wurde das polnisch-ukrainische Verhältnis aber durch den Streit über den Import und Transit von ukrainischem Getreide lädiert. Warschau verkündete, nur noch laufende Verträge über Militärhilfe zu erfüllen. Vor der Wahl wollte die PiS damit die Stimmen der erbosten polnischen Bauern zurückgewinnen. Egal, wer künftig in Warschau regiert: Beobachter rechnen damit, dass sich das Verhältnis schnell wieder einrenkt.

Vetternwirtschaft der PiS

Was sich auch ändern kann: Ob beim staatlich kontrollierten Mineralölkonzern Orlen, bei der Zentralbank oder den öffentlich-rechtlichen Medien – die PiS hatte auf alle Schlüsselpositionen ihre eigenen Leute gehievt. Damit solle nach einem Regierungswechsel Schluss sein, verkündete Szymon Holownia vom Dritten Weg kürzlich bei einer TV-Debatte: «Fette Kater, packt schon mal die Katzenklos ein.»

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