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Affront oder Schachzug: Mronz vor Aufstieg ins IOC

Michael Mronz
Michael Mronz, Unternehmer, Sport- und Eventmanager, spricht in Aachen.

Die Verwunderung über den bevorstehenden Aufstieg von Michael Mronz in das Internationale Olympische Komitee ist im deutschen Sport groß. Zumal der Deutsche Olympische Sportbund vom IOC erst kurz vor der offiziellen Ankündigung, den Sportmanager bei der am Sonntag beginnenden Generalversammlung in Mumbai zur Aufnahme in den Ringe-Orden vorzuschlagen, informiert wurde. Warum hat sich der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach für ihn als «unabhängige Einzelperson» – und am organisierten Sport seines Heimatlandes vorbei – entschieden? Ein Affront oder ein kalkulierter Schachzug?

«Michael Mronz ist ein weltweit anerkannter Experte für Sportgroßveranstaltungen und hervorragend geeignet, als Fachmann und Persönlichkeit Brücken zwischen Olympia und Deutschland zu schlagen», kommentierte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Torsten Burmester diplomatisch die IOC-Personalie. Man wünsche ihm Erfolg bei der Abstimmung.

Die Wahl des 56 Jahre alten gebürtigen Kölners und der weiteren sieben Kandidaten für eine IOC-Mitgliedschaft gilt als Formsache. Mronz wird der dritte Deutsche neben Bach und der Athletenvertreterin Britta Heidemann im elitären IOC-Zirkel werden, der derzeit 99 Mitglieder zählt.

An der fachlichen Kompetenz des gewieften Veranstaltungsmanagers Mronz gibt es keinen Zweifel. Als Geschäftsführer der Aachener Reitturnier GmbH hat er das Ansehen des Pferdesport-Großevents CHIO gesteigert. Als Mitbegründer der Initiative Rhein-Ruhr, die eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032 angestrebt hatte, erfuhr Mronz viel Anerkennung. Dass das Scheitern im heftigen Streit mit dem IOC geendet hat, wurde nicht ihm, sondern dem damaligen DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann zugeschrieben.

«Der Sport professionalisiert sich. Daher ist es nur konsequent, diesen Aspekt auch im IOC zu betonen. Michael Mronz ist ein ausgewiesener Experte im Sportmanagement – ein unabhängiger Mann aus der Praxis mit visionären Ideen», meint Andreas Michelmann, Sprecher der Spitzensportverbände im DOSB. «Solche Menschen können dem IOC guttun.» Und womöglich den aktuellen Bemühungen, wieder eine Olympia-Bewerbung auf den Weg zu bringen.

Als Folge des Zerwürfnisses vor gut zwei Jahren mit dem IOC hätte eine Aufnahme eines neuen Mitglieds aus dem Kreis der DOSB-Nomenklatur bei der Session in Mumbai wohl keine Chance gehabt. Deshalb dürfte Bach, dessen Amtszeit als IOC-Präsident 2025 endet, diesen Schachzug vollzogen haben, um mit dem bestens vernetzten Mronz einen Lobbyisten zu platzieren, der seinen Traum von Olympia in Deutschland im IOC weiter verfolgt. Für den DOSB-Gründungspräsidenten hatte das Olympia-Projekt keine Priorität: Er wollte 2013 IOC-Chef werden und ist es geworden.

«Als Mitglied des IOC könnte Michael Mronz helfen, den für eine Bewerbung notwendigen kontinuierlichen Dialog zwischen dem DOSB und dem IOC zu fördern», sagte Christoph Niessen, Vorstandsvorsitzender des Landessportbunds Nordrhein-Westfalen. Der Unternehmer und PR-Fachmann sei nicht nur unabhängig, sondern auch erfolgreich: «Es liegt auf der Hand, dass das dem deutschen Sport helfen könnte, vielleicht sogar, weil er gerade nicht in einem der deutschen Sportverbände gebunden ist.»

Der Ehemann des im März 2016 gestorbenen früheren Außenministers und FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle äußerte sich nur unmittelbar nach dem Bekanntwerden kurz zur IOC-Nominierung. «Die Vision des IOC, durch Sport eine bessere Welt zu schaffen, zieht sich als Überzeugung und Leitmotiv seit Jahrzehnten durch meinen persönlichen und beruflichen Werdegang», lautete Mronz’ kurzes Statement.

Nicht von ungefähr bezog er aber Stellung zu Olympischen Spielen 2036 in Deutschland, 100 Jahre nach den vom Nazi-Regime zur Propaganda missbrauchten Spielen in Berlin und verband dies mit einem Lob für Thomas Bach. Als «hoch anerkannter IOC-Präsident» könne er «die Schwingungen» sehr gut lesen und sehe für 2036 auf internationaler Ebene kein Problem: «Dem sollte man Vertrauen schenken. So gesehen ist 2036, denke ich, kein Malus.» Zumal Berlin 2036 für eine deutsche Olympia-Kandidatur die erste Wahl werden könnte.

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