Zeichen stehen bei Flut-U-Ausschuss auf Beweisaufnahme
Nach dem Beweisantrag der Freien Wähler für den Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal spricht vieles für weitere Sitzungen des Gremiums. «Eine Wiederaufnahme der Beweisaufnahme dürfte wohl unumgänglich sein», sagte der Obmann der oppositionellen CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, Dirk Herber, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Rückblickend lasse sich sagen, dass es massive Versäumnisse und Fehleinschätzungen am Abend der Flutkatastrophe im Juli 2021 gegeben habe – «und zwar auf allen verantwortlichen Ebenen». Die Erkenntnisse aus dem zuletzt von der Staatsanwaltschaft Koblenz öffentlich gemachten Gutachten in dem Ausschuss vorstellen zu lassen, sei sinnvoll.
Es geht um ein Gutachten des Berliner Professors für Führung und Bevölkerungsschutz, Dominic Gißler. Das war nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zu dem Schluss gekommen, dass der Katastrophenschutz im Kreis Ahrweiler zum Zeitpunkt der Flut nicht optimal organisiert gewesen sei. Der Kreis habe kein ausreichend entwickeltes Einsatzführungssystem vorgehalten.
Der Obmann der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid hatte am vergangenen Freitag einen Beweisantrag gestellt und möchte das Gutachten im Ausschuss erörtern. Darüber müssen nun die Obleute der Fraktionen beraten und entscheiden. Wann das geschieht, ist noch unklar. Eigentlich hatte der Ausschuss Ende April seine Beweisaufnahme formell beendet, im Dezember sollte der Abschlussbericht des Gremiums im Landtag diskutiert werden.
Bei der Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, 135 in der Ahr-Region und einer im Raum Trier. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ex-Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und einen Mitarbeiter des Krisenstabs des Kreises wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
AfD-Obmann Michael Frisch sagte, er begrüße es, dass sich der U-Ausschuss noch einmal näher mit der Frage nach den Voraussetzungen und den Rahmenbedingungen befasse, unter denen der Katastrophenschutz gearbeitet habe. Dem Gutachten zufolge sei die Vorbereitung auf ein solches Flutereignis völlig ungenügend gewesen. «Diese Defizite haben offenbar erheblich dazu beigetragen, dass es so viele Todesopfer gab.» Der Ausschuss könne seine Arbeit nicht beenden, ohne zuvor zu klären, wer die politische Verantwortung dafür trage.
Der Obmann der SPD-Fraktion, Nico Steinbach, betonte, die Kernaussagen des Gutachtens deckten sich mit denen aus der Arbeit des Ausschusses. Dass der Katastrophenschutz im Kreis nicht optimal organisiert gewesen sei, stimme mit Aussagen in Befragungen überein. «Vor diesem Hintergrund ist abzuwarten, inwieweit eine Vernehmung des Sachverständigen grundlegende Punkte zu Tage fördern kann, die neue Erkenntnisse im Sinne des Untersuchungsauftrags ergeben.» Der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD) sei mit den Obleuten im Austausch. Gißler hatte zuvor auch schon ein Gutachten für den U-Ausschuss angefertigt.
CDU-Obmann Herber betonte indes, das Gutachten lenke den Blick erneut in Richtung Landesregierung, vor allem in Richtung der Katastrophenschutzbehörde ADD. Das Land sei in der Verantwortung gewesen, unter anderem aufgrund der «Überforderung des Kreises».
Quelle: www.bild.de