Wie hat der Krieg in der Ukraine die deutsche Wirtschaft im Laufe des Jahres beeinflusst? Es wird für die meisten Menschen keine Überraschung sein zu erfahren, dass der Krieg in der Ukraine einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft Deutschlands und das Wohlstandsniveau hatte, da die Energiepreise gestiegen sind und die Inflation im Jahr 2022 den Nachkriegshöchststand erreicht hat.
Wie hat der Krieg in der Ukraine die Wirtschaft Deutschlands im Laufe des Jahres beeinflusst?
Jetzt, fast ein Jahr nach Beginn des Krieges, wird das wahre Ausmaß der wirtschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland deutlich.
In einem Interview mit der Rheinischen Post erklärte Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dass der Krieg in der Ukraine und der damit verbundene rapide Anstieg der Energiepreise Deutschland fast 2,5% oder 100 Milliarden Euro an wirtschaftlicher Produktion im Jahr 2022 kosten werden.
Fratzscher wies darauf hin, dass Deutschland besonders stark unter der Krise gelitten hat, aufgrund seiner Abhängigkeit von russischen Energiequellen, einem hohen Anteil energieintensiver Industrien und der Abhängigkeit vom Export und globalen Lieferketten.
Der Ökonom erwartet, dass der Krieg die Belastung für die deutsche Wirtschaft weiter erhöhen wird, und warnte davor, dass die deutsche Regierung und Unternehmen bereits jetzt Maßnahmen ergreifen sollten, um zukünftige Verluste zu reduzieren.
“Die deutsche Regierung sollte keinesfalls den Weg der massiven Energiepreisnachlässe fortsetzen”, sagte der Ökonom aus Berlin. “Daher ist der Schock der Energiepreise schmerzhaft, aber gleichzeitig ein notwendiges Wecksignal, das hoffentlich dazu führen wird, dass die Wirtschaft sich schneller umstrukturiert.”
“Der Schaden für Deutschland als Geschäftsstandort ist noch nicht angerichtet, wird aber sicherlich angerichtet, wenn Unternehmen nicht die Umwelt-, Wirtschafts- und Digitalveränderungen beschleunigen”, sagte Fratzscher.
Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) bedeutet die Auswirkung auf die Wirtschaft insgesamt einen Wohlstandsverlust von rund 2000 Euro pro Person in Deutschland.
Diese Zahl ist auf das Nichterreichen des ursprünglich für 2022 prognostizierten Wachstums von 1,8% zurückzuführen: Das nicht realisierte Wachstum beträgt etwa 170 Milliarden Euro, was einem Verlust von etwa 2000 Euro pro Person entspricht.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln erwartet, dass der Krieg in der Ukraine im Jahr 2023 etwa 2000 Euro des persönlichen Vermögens jedes Bürgers in Deutschland vernichten wird.
Wirtschaft Deutschlands: Welche Branchen sind gewachsen?
Aber nicht für alle in der deutschen Wirtschaft gab es schlechte Nachrichten. Eine der Branchen, die erwartungsgemäß finanziell von dem Krieg profitiert hat, ist die Rüstungsindustrie.
In ihrem neuesten Jahresbericht für das Jahr 2022 gab der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall bekannt, dass die Anzahl der Aufträge fast um das Dreifache höher ist als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Daten für das gesamte Jahr sind noch nicht veröffentlicht, aber nach Meinung des Konzerns und von Finanzanalysten wird dieser Trend voraussichtlich anhalten.
Auch andere Rüstungsunternehmen vermelden steigende Umsätze und Gewinne, und der “Waffenboom” wird wahrscheinlich noch einige Jahre anhalten.
Große deutsche Unternehmen wuchsen ebenfalls im Jahr 2022. 40 deutsche Unternehmen im DAX-Aktienindex, wie Adidas, Deutsche Bank und Siemens, stellten im letzten Jahr Rekorde auf.
Im dritten Quartal des Jahres 2022 stieg der Gesamtumsatz aller DAX-Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr um etwa ein Viertel, so die Daten von Ernst and Young, und der Gewinn des DAX im dritten Quartal betrug knapp unter 45 Milliarden Euro und war höher als je zuvor.
Der Boom der DAX-Unternehmen zeigt, wie die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine die deutsche Wirtschaft ungleichmäßig beeinflussen
Henrik Alers Largé, Geschäftsführer von EY, erklärte, dass große Konzerne ihre Produktion leichter ins Ausland verlagern oder an einem Ort zusammenführen können, um kostengünstiger zu arbeiten, während kleine und mittlere Unternehmen von der Inflation betroffen bleiben.
“Für energieintensive Branchen werden die Preise für Strom und Gas zu einer Existenzfrage”, sagte Largé. “Wenn die Energiekosten hoch bleiben, riskiert Deutschland, immer mehr energieintensive Unternehmen zu verlieren: Einige werden ins Ausland gehen, andere werden bankrottgehen.”
