Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in der Ukraine, fällt es sogar manch einem erwachsenen Menschen schwer, das Geschehen zu begreifen und richtig einzusortieren. Dabei versuchen viele Eltern ihre Kinder vor allem zu beschützen: Auch vor schlimmen Weltnachrichten.
Doch Kinder und Jugendliche leben ja nicht auf einer einsamen Insel. Wenn sie es nicht zu Hause erfahren, bekommen sie spätestens in der Schule, im Kindergarten oder im Austausch mit Freunden mit. Darüber hinaus werden sie damit über Soziale Netzwerke oder die Medien konfrontiert. Weil Kinder und Jugendliche die Situation nicht richtig begreifen oder einordnen können, werden Fragen gestellt. Viele Eltern fühlen sich in solchen Situationen überfordert. Wie rede ich mit meinem Kind über schwierige Themen, zum Beispiel, aktuell über den Krieg?
Kinder brauchen starke und einfühlsame Eltern
Wie Sie dem Kind das Thema beibringen, ist letztendlich Ihre Entscheidung. Aber bevor sie beginnen, erinnern Sie sich daran, wie Sie als Kind bestimmte Nachrichten oder Ereignisse wahrgenommen haben. Versetzen Sie sich in diese Situation. Ihr Kind muss nicht unbedingt jedes grausame Detail erfahren, Sie müssen aber nichts übermäßig beschönigen.
Beim Thema Krieg ist es enorm wichtig, dass Sie Ihrem Kind in erster Linie versuchen, die Angst zu nehmen. Denn die größte Sorge der meisten Kinder ist, dass auch bei ihnen der Krieg ausbrechen kann. Nehmen Sie die Ängste und Sorgen Ihrer Kinder ernst und winken Sie diese nicht einfach ab. Belächeln Sie Ihr Kind auf keinen Fall für seine Ängste, ansonsten kann es passieren, dass es Ihnen nicht mehr trauen wird und sich verschließt. Wenn das Kind jedoch mit seinen Gedanken allein bleibt, kann es ungeahnte Ausmaße nehmen.
Geräte und Soziale Medien
Die meisten Kinder und Jugendlichen besitzen heute ein Smartphone und tauschen sich mit ihren Freunden über Messengerdienste aus. Leider können über diese Wege viele Falschinformationen versendet werden. Sprechen Sie über geteilte Inhalte mit Ihrem Kind: Es muss keine Bilder und Videos anschauen, die weitergeleitet werden und auch nicht alles glauben, was es an Nachrichten bekommt. Nach Möglichkeit, prüfen Sie regelmäßig das Gerät Ihres Kindes – am besten in Absprache mit ihm.
Emotionen und Informationen
Wenn es um Kriege geht, können Menschen nicht völlig emotionslos bleiben. Gefühle sind zugelassen und dürfen ihren Raum haben. Verfallen Sie aber nicht unnötig in Panik: Damit machen Sie Ihrem Kind nur noch mehr Angst. Vermeiden Sie komplizierte Erklärungen. Kinder verstehen – vor allem in jungen Jahren – nicht die Komplexität der Weltpolitik. Sie können schnell Sachverhalte durcheinander bringen. Vermeiden Sie Wertungen: Kinder sind schlauer als wir denken und sie haben einen sehr guten Sinn für Gerechtigkeit. Lassen Sie gern Ihre Kinder selbst Schlussfolgerungen ziehen und sorgen Sie bei Bedarf für Klarheit oder Richtigstellung. Ebenfalls sollten Sie pauschalisierende Aussagen vermeiden.
Nehmen Sie sich für das Gespräch ausreichend Zeit, damit das Kind Ihnen alle Fragen stellen kann, die es bedrücken. Wenn Sie etwas nicht wissen – oder nicht wissen, wie Sie auf eine Frage antworten sollen, seien Sie ehrlich. Sie sind schließlich auch nur ein Mensch. Sie können das Kind damit „vertrösten“, dass Sie sich informieren werden oder Sie können sich auch gemeinsam auf die Suche nach einer Antwort machen. Es gibt Kindersendungen und geprüfte Seiten im Internet, auf denen Sie nützliche Informationen und Unterstützung finden können.
Wichtig ist, dass Sie dem Gespräch mit Ihrem Kind und seinen Fragen nicht ausweichen. Sie müssen nicht alles erklären können. Bleiben Sie ruhig und ehrlich, geben Sie Ihrem Kind ein Gefühl der Zuversicht und Geborgenheit. Die Ruhe zu bewahren, bedeutet aber nicht, Gleichgültigkeit zu kommunizieren. Sie dürfen ruhig Emotionen zulassen und Ihrem Kind signalisieren, wie sehr Sie über das Geschehen bedrückt sind. Reaktionen wie Traurigkeit und Mitgefühl gehören zu einem menschlichen Leben dazu.
Persönliche Betroffenheit
Was für viele Menschen bloß Nachrichten aus dem Fernsehen sind, ist für andere Menschen eine persönliche Tragödie, weil sie vielleicht Freunde oder Verwandte haben, die gerade vom Krieg betroffen sind. Dann nimmt der Krieg plötzlich ganz andere Dimensionen ein.
Geben Sie Ihrem Kind zu verstehen, dass Sorgen und Trauer in solchen Situationen zulässig sind. Versuchen Sie dennoch Ihre eigenen Sorgen und Ängste nicht auf das Kind zu übertragen. Kinder brauchen Halt und wollen sich bei ihren Eltern sicher und beschützt fühlen.
In solchen schwierigen Zeiten ist es auch empfehlenswert, sich zusammen zu schließen. Eltern können zum Beispiel die Lehrkräfte stärken, und Lehrer können ihrerseits die Eltern unterstützen. Da in Deutschland auch sehr viele Menschen leben, die aus der Ukraine oder/und aus Russland stammen, muss mit einer besonderen Sensibilität auf das Thema eingegangen werden, wenn es dabei Kinder und Jugendliche betrifft.
Erst Corona, jetzt auch noch Krieg?
Viele Eltern machen sich momentan große Sorgen, um die Belastbarkeit ihrer Kinder. Erst die nervenaufreibende Coronazeit, die noch nicht vorbei ist – und jetzt ein Krieg, der um die Ecke tobt. Sie sollen Ihre Kinder vor unnötigen Sorgen und Ängsten bestmöglich schützen. Und das können Sie am besten, in dem Sie selbst den Krieg nicht zum Hauptthema Ihres Familienlebens machen.
Vermeiden Sie eine Dauerschleife an Bild- und Tonnachrichten, wenn das Kind zu Hause oder in Ihrer Nähe ist. Sie müssen das Thema auch nicht dauerhaft besprechen, lenken Sie die Aufmerksamkeit auch mal auf die alltäglichen Dinge und stellen Sie die Themen Ihres Kindes in den Mittelpunkt. Das Kind darf nicht das Gefühl bekommen, dass sich nun alles nur noch um den Krieg dreht.