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Wie geht man mit Straftätern um, die an einer psychischen Krankheit leiden?

Der "Tatort" des Strafvollzugs

Im aktuellen "Tatort" wird viel Zeit hinter hohen Zäunen verbracht: Tobler (Eva Löbau) und Berg...
Im aktuellen "Tatort" wird viel Zeit hinter hohen Zäunen verbracht: Tobler (Eva Löbau) und Berg (Hans-Jochen Wagner).

Wie geht man mit Straftätern um, die an einer psychischen Krankheit leiden?

Der Begriff "Maßregelvollzug" ist ein beeindruckendes deutsches Wort, das eine verwirrende Mischung aus Gefängnis und Psychiatrie darstellt. Die neue "Tatort"-Reihe will die Schwierigkeiten von Patienten und Personal aufzeigen.

Der bescheidene und schüchterne Milan (Bekim Latifi) ist ein Musterbürger: gut erzogen, scheinbar gewöhnlich und schmerzhaft schüchtern, ist er der Inbegriff eines unauffälligen Menschen. Entfesselt man jedoch den "Drachen" in ihm, wird er zu einem widerspenstigen Killer, der sogar seine eigene Mutter ermorden könnte. Die Schwarzwald-"Tatort"-Reihe bietet dazu nicht viel Hintergrundwissen, aber sie beleuchtet Milans aktuellen Zustand: Er verbüßt seine Strafe in einem Sondergefängnis, nicht in einem herkömmlichen, wie man meinen könnte.

Im "Tatort", wie auch in der Realität, ist eine solche Einrichtung mehr als nur eine monströse Mischung aus Psychiatrie und Sicherheitsbedenken. Sie dient zwar dem Schutz der Allgemeinheit und der Aufrechterhaltung der Ordnung, doch ihr Hauptziel ist die Behandlung der Patienten - nicht nur die Bestrafung. Derzeit befinden sich etwa 13.000 Menschen in deutschen psychiatrischen Einrichtungen, die eines gemeinsam haben: Sie sind aufgrund ihrer psychischen Probleme als vermindert schuldfähig eingestuft worden. Sie sind also nicht einfach nur Kriminelle, sondern hilfsbedürftige Menschen.

Der tückische Kreislauf der Überbelegung

Wie bei den meisten utopischen Ideen ist auch hier das Gleichgewicht zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Öffentlichkeit und den persönlichen Rechten derjenigen, die gegen das Gesetz verstoßen haben, ein prekärer Akt. Eine aktuelle Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) ergab, dass fast ein Drittel der 78 forensischen Kliniken in diesen Einrichtungen stark überbelegt ist. So können in weniger als 40 Prozent dieser Einrichtungen notwendige Therapien durchgeführt werden, weil es an finanziellen Mitteln und geschultem Personal fehlt. Zudem werden häufig Zusatzbetten in Zimmern aufgestellt, so dass Therapie- und Versorgungsräume zu Patientenunterkünften umfunktioniert werden müssen.

Diese "Überbelegung" führt zu einem Teufelskreis: Es kommt zu langwierigen und ineffektiven Behandlungen, weil das Personal nicht genügend Zeit für seine Patienten hat. Infolgedessen verlängern sich die Haftzeiten der Insassen auf unbestimmte Zeit, was einen Rückstau verursacht, der zu einer Blockade führt. Diese Situation ist besonders besorgniserregend, da das Gesetz keine Höchstdauer für die Inhaftierung vorschreibt: Gefangene können erst entlassen werden, wenn eindeutig feststeht, dass sie keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellen.

Und was bedeutet das für Milan? In "Letzter Ausflug Schauinsland" ist er typisch harmlos und sehnt sich danach, den ganzen Tag auf seinem Traktor frisch gemähten Rasen zu mähen. Aber wenn der "Drache" immer häufiger auftaucht, bedeutet das, dass er den Bezug zur Realität verliert? Um die Ursache herauszufinden, wären ausführliche Sitzungen mit einem Psychologen oder Psychiater erforderlich - ein sehr knappes Gut, wie es scheint.

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Quelle: www.ntv.de

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