Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer ersetzt den umstrittenen Chef Werner Baumann noch in diesem Sommer. Das Ruder übernehmen wird Anfang Juni der Ex-Pharmachef des schweizerischen Rivalen Roche, Bill Anderson (56). Bei Anlegern kommt die am Mittwoch kurz vor Börsenschluss mitgeteilte Personalie gut an, sie hoffen auf frischen Schwung, einige spekulieren auf eine Aufspaltung von Bayer.
Markus Manns, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Union Investment, hält Anderson für eine sehr gute Wahl. Das «könnte der Befreiungsschlag sein, auf den Investoren gewartet haben.» Er habe in den USA das nötige Netzwerk und das Know-how, um Bayer innovativer zu machen. Anderson werde wahrscheinlich von vielen Investoren einen Vertrauensvorschuss bekommen.
Baumann steht seit langem in der Kritik, die 2018 abgeschlossene Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto für 63 Milliarden Dollar hängt dem Manager nach. Mit dem Kauf hatten sich die Leverkusener teure Rechtsstreitigkeiten um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat ins Haus geholt. Die Bayer-Aktie befand sich über Jahre im Sinkflug. Im Jahr 2019 verweigerten die Aktionäre dem Vorstandschef auf der Hauptversammlung gar die Entlastung. Beim Thema Glyphosat hat sich die Lage mittlerweile zwar beruhigt, dafür rückte im vergangenen Jahr mit der Chemikalie PCB eine andere Altlast aus der Monsanto-Übernahme in den Fokus.
Schon länger war bekannt, dass Baumann keine Verlängerung seines Vertrags anstrebt, der eigentlich noch bis 2024 laufen sollte. Druck gemacht hatten langfristig orientierte strategische Investoren wie der singapurische Staatsfonds Temasek. Zuletzt mischten dann auch mehrere aktivistische angelsächsische Investoren wie der Fonds Inclusive Capital Partners von Jeff Ubben sowie Bluebell Capital mit.
Während es Inclusive Capital vor allem um einen externen Nachfolger für Baumann ging, drängt Bluebell laut einem Medienbericht auf eine Aufspaltung des Konzerns. Der sehr kleine Fonds mit unbekannter Beteiligungshöhe an Bayer ist für ein aggressives Vorgehen bekannt.
Mit Blick auf eine mögliche Aufspaltung des Konzerns stand zuletzt insbesondere die kleinste Sparte Consumer Health rund um rezeptfreie Medikamente im Fokus aktivistischer Investoren. Wohl auch, weil es zum Branchentrend passen würde: In den vergangenen Jahren hatte eine Reihe großer Pharmakonzerne ihre Geschäfte mit rezeptfreien Mitteln veräußert, so 2018 die Darmstädter Merck KGaA.
Wie Barclays-Analystin Field Ende Januar schrieb, ist diese Branche aktuell stark fragmentiert. Für das Consumer-Health-Geschäft von Bayer einen Käufer zu finden, würde allerdings angesichts eines potenziellen Preises von 20 bis 30 Milliarden Euro wohl schwer werden. Daher wäre ein Börsengang wohl wahrscheinlicher.