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Wahlrechtsreformdebatte geht in die nächste Runde

Bundestag
Wieso wird der Bundestag eigentlich immer größer?

Bereits in der dritten Wahlperiode ringen die Parteien um eine Wahlrechtsreform, die den aufgeblähten XXL-Bundestag wieder kleiner machen würde. Vor allem CDU und CSU haben bisher wirksame Reformen ausgebremst, weil sie am meisten von den bestehenden Regeln profitiert haben. Auch gegen den Gesetzesentwurf, den die Ampelfraktion jetzt vorlegt, lehnt die Koalition ab.

Warum wird der Bundestag immer größer?

Der Bundestag besteht nach § 1 Bundeswahlgesetz aus 598 Abgeordneten. Es gibt aber auch den Ausdruck „vorbehaltlich Abweichungen von den Vorschriften dieses Gesetzes“. Ursache dieser Abweichungen sind Suspendierungen und Ausgleichsaufgaben, die dazu geführt haben, dass der Bundestag mit 736 Abgeordneten so groß wie nie zuvor ist. Bei der 19. Wahl von 2017 bis 2021 gibt es 709 Abgeordnete und bei der 18. Wahl 631 Abgeordnete.

Wie funktionieren Suspendierungs- und Kompensationsaufgaben?

Jede Wählerin bekommt bei Bundestagswahlen zwei Stimmen pro Wählerin. Der erste Wahlgang wählt direkt einen Abgeordneten in jedem der 299 Wahlkreise. Entscheidend für den Sitz einer Partei im Parlament ist jedoch das Ergebnis ihrer Zweitstimme. Nur: Wenn sie mehr Sofortmandate gewinnt, als ihr nach dem Ergebnis des zweiten Wahlgangs zustehen, kann sie diese sogenannten schwebenden Mandate behalten. Seit der Bundestagswahl 2013 erhalten andere Parteien Ausgleichsmandate, um das durch die Ergebnisse des zweiten Wahlgangs bestimmte Machtgleichgewicht wiederherzustellen.

Was würde die Ampelgruppe jetzt anders machen wollen?

Die Gesetzentwürfe von Sozialdemokraten, Grünen und Liberaldemokraten begrenzen wohl die Zahl der Mandate. Nicht mehr als die Standardgröße von 598 MP. Außerdem werden keine Überhangs- und Ausgleichsermächtigungen mehr erteilt. Erst das Ergebnis der Zweitstimme bestimmt die Zahl der Sitze einer Partei im Bundestag. Um die Bedeutung des zweiten Tons deutlich zu machen, wird er künftig als Hauptton bezeichnet. Die Erststimme wird Kreiswahl genannt.

Wie erfolgt die Platzvergabe?

Zunächst wird anhand der Ergebnisse des zweiten Wahlgangs ermittelt, wie viele Sitze der Wahlkreis hat. Einer politischen Partei stehen bundesweit 598 Mandate zu. Dann auf jedes Bundesland umrechnen. Gewinnt eine Partei in einem Bundesland direkt weniger Wahlkreise als ihr zustehen, werden die restlichen Sitze über Landeslisten vergeben. Gewinnt er jedoch mehr Wahlkreise auf Anhieb als er aufgrund der Vorwahl gewinnt, bekommt der Kandidat mit der schlechtesten Stimme im Wahlkreis nichts.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Beispiel Bayern: Bei der letzten Bundestagswahl hat die CSU direkt 45 der 46 Wahlkreise gewonnen. Allerdings kommt sie je nach Zweit- oder Erststimme nur auf 34 Sitze im Bundestag. Nach dem bisherigen Wahlgesetz konnte sie elf Aufgaben offen halten. Nach dem Ampelgesetz hingegen würden die 11 direkt gewählten Abgeordneten mit den schlechtesten Erst- oder Wahlkreisstimmen leer ausgehen. Sie sind nicht autorisiert.

Wird die CSU dann einseitig benachteiligt?

Das sagt die CSU gerne, ist es aber nicht. Denn alle großen Parteien im Bundestag profitieren von Überhangregelungen und Mandatsausgleichen – die einen mehr, die anderen weniger. Wenn es fällt, müssen auch alle Federn fallen. Für die Bundestagswahl 2021 treten 138 Kandidaten an, darunter 41 von der Bundespartei, 36 von der SPD, 24 von den Grünen, 16 von den Liberaldemokraten, 14 von der Alternative und 7 von der Linken.

Was denken die CDU/CSU-Fraktionen?

Die Liga muss noch einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen. In einem Bundestagsausschuss zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der parlamentarischen Arbeit haben seine Mitglieder das sogenannte reine Grabenwahlgesetz vorgeschlagen. Danach werden wie bisher 299 Abgeordnete direkt und weitere 299 Abgeordnete in einem zweiten Wahlgang in voller Unabhängigkeit gewählt.

Die Parteien erhalten hiermit alle direkten Vollmachten, jedoch keine weiteren kompensatorischen Vollmachten. Davon wird die Koalition profitieren, schauen Sie sich an, was die Wahlen 2021 zeigen: CDU und CSU erhalten 23 ausstehende Mandate, SPD 10 und AfD 1. 104 Entschädigungsmandate gehen verloren – die meisten davon gehören der SPD (26) und den Grünen (24). Die Mandate der drei Ampelparteien werden um 66 reduziert, die der CDU/CSU nur um 18 Mandate.

Was wird jetzt passieren?

Der Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP wird an diesem Dienstag zunächst in den Fraktionen beraten. Ein Kompromiss mit der EU ist so gut wie unmöglich. Die beiden Modelle sind nicht miteinander kompatibel.

Auch bei den Fraktionen an Ampeln dürfte der Gesetzentwurf nicht auf undiskriminierte Begeisterung stoßen, da einige Abgeordnete damit rechnen können, dass sie bei der nächsten Wahl nicht in den Bundestag einziehen können. Allerdings könnte sich die Ampelfraktion eine Mehrheit im Parlament sichern, um das Gesetz zu verabschieden.

Ist das wirklich wünschenswert?

Eigentlich ist das Ziel, eine so weitreichende Beschlussmehrheit im Bundestag zu erreichen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat wiederholt den Wunsch geäußert, eine breite gemeinsame Basis zu finden.

Andererseits stellt sich zum Beispiel die Große Koalition, die in der letzten Wahlperiode eine kleine, aber wirkungslose Wahlrechtsreform verabschiedet hat, auch gegen alle anderen Fraktionen. Würde Ampel jetzt dasselbe tun, würde die Koalition mit ziemlicher Sicherheit vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen fordern.

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