Ein verurteilter Vergewaltiger wird womöglich doch in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe veröffentlichte am Donnerstag einen Beschluss, wonach sich das Landgericht Heilbronn noch einmal mit dieser Frage befassen muss. Es hatte den Mann im Februar zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren unter anderem wegen mehrfacher, teils besonders schwerer Vergewaltigung seiner Freundin, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilt.
Seine sexuelle Erregung hatte der Mann dem BGH-Beschluss zufolge mit massiven Faustschlägen und durch kräftige Schläge mit einem Nudelholz in den Genitalbereich der Frau gesteigert. «Die Schläge waren potenziell geeignet, der Geschädigten Platzwunden im Bereich der Vagina zuzufügen», heißt es in der Entscheidung. Zudem habe der Mann seit Anfang 2022 jeweils zum Wochenende eine Flasche Wodka oder Gin getrunken. Die vier Taten zu Lasten seiner Freundin habe er unter Alkoholeinfluss begangen; in den ersten drei Fällen habe er jeweils eine halbe Flasche Gin oder Wodka getrunken. Bei seiner Festnahme am 15. Mai 2022 habe er mehr als zwei Promille Alkohol im Blut gehabt.
«Angesichts dieser Umstände, die eine soziale Gefährdung durch regel- und übermäßigen Alkoholkonsum nahelegen, hätte sich das Landgericht nicht mit der Wertung begnügen dürfen, der Angeklagte habe nicht einmal sicher die Vorstufe einer Alkoholabhängigkeit erreicht», befand der BGH. Für einen Hang sei «eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren». Diese müsse nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben. Übermäßiger Genuss von Rauschmitteln sei schon dann anzunehmen, wenn der Betroffene wegen seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheine, hieß es. «Es kann genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit Rauschmittel im Übermaß konsumiert.»
Der BGH hob daher das Urteil auf die Revision des Angeklagten insoweit auf, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt wurde. Die Sache wurde zu neuer Verhandlung hierzu an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision verwarf der erste Strafsenat als unbegründet.