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Verstörend, erschreckend, originell: „Vorweiner“

«Der Vorweiner» von Bov Bjerg
Der Autor Bov Bjerg hat eine gruselige Dystopie entworfen.

Wartet das die Welt auf uns? Die von Bov Bjerg geschaffenen Szenen sind absolut schrecklich. In „Wolwena“ beschreibt er eine durch Bürgerkriege und Naturkatastrophen zerrissene Menschheit, erschöpft vom ständigen Überlebenskampf und ohne Empathie. Übrig bleiben nur emotionale Trümmer, die persönliche Beziehungen durch rein zweckorientierten Service ersetzen.

Natürlich ist „Vorweiner“ eine helle, lächerliche Dystopie. Das Besorgniserregende ist jedoch, dass man immer unbewusst die Gegenwart liest und der Roman trotz der grotesken Verzerrungen und Übertreibungen als ernsthafte, bissige Kritik am Status quo gelesen werden kann.

Die Geschichte spielt am Ende des 21. Jahrhunderts. Der größte Teil des Landes steht aufgrund des steigenden Meeresspiegels unter Wasser, nur der Rest Europas kann sich mit ein Meter hohen Betonplattformen retten. Es ist das Ziel von Millionen Flüchtlingen, die in den Auffanglagern Neu-Lübeck und Neuschwanstein festsitzen. Auch in anderen Teilen Europas ist das Leben extrem. Östlich von New Berlin liegt eine trostlose Prärie, in der unerbittliches Sonnenlicht vom ewig blauen Himmel scheint. In westlichen Gebieten wie New Hamburg regnete es weiterhin und hinterließ den Himmel in einem bedrückenden Grauton.

Künstliche steife Lippen

Die Gesellschaft ist tief gespalten. Es gibt eine kleine Oberschicht, die sämtliche Emotionen und Arbeit an die „Unterschicht“ auslagert. Sie wurde wegen ihrer unverblümten, unhöflichen Art und ihres lauten Lachens verachtet. Die Oberschicht hingegen trug als Zeichen ihrer Unterscheidung eine künstliche steife Lippe. Sie konnte nicht lächeln, sie konnte nur die Zähne zusammenbeißen. Ruhig zu bleiben ist ihr höchstes Ziel im Leben.

Trauerarbeit wird auch ausgelagert, weil Menschen „die Trauer immer von ihrem Privatleben trennen“ sollten. Die sogenannten „Vorweiner“ sind Gasttrauerhelfer, die von Flüchtlingen aus verschwundenen Ländern für die Trauerarbeit angeheuert werden. Die Qualität ehemaliger Sänger und ihre Auftritte verschafften den Toten Ansehen. In der Geschichte heuert die 70-jährige Anna einen obdachlosen Niederländer als Minderjährigen an und versucht, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Doch es entwickelte sich völlig anders als erwartet.

Tochter Berta lebt in einer anderen Stadt und ist ihrer Mutter völlig entfremdet. Sie arbeitete als „Klickjägerin“ und „Füllerproduzentin“ für eine Agentur und verdiente Geld mit aufsehenerregenden, bösartigen „Hot News“, von denen sie viele frei erfunden hatte. Als ein junger Pizzabote in ihr Leben tritt, scheint kurzzeitig so etwas wie eine romantische Liebe zu entstehen, die sich jedoch als reine Illusion entpuppt.

Das Lachen bleibt einem im Hals stecken

Er hatte immer wieder interessante Bilder und Ideen, wie zum Beispiel seine Beschreibung der Schweiz als ein von „Goldfäule“ ruiniertes Land. Österreich hingegen brach zusammen, nachdem „die formal legalisierte Vetternwirtschaft auch auf Cousins ​​und Cousinen fünften Grades ausgeweitet wurde“. Allerdings bleibt das Lachen am Ende im Halse stecken, die Botschaft ist zu ernst und die Reflexionen, die uns der Autor entgegenwirft, zu verstörend.

– Bov Bjerg: Der Vorweiner, Claassen Verlag, München, 240 Seiten, 24,00 €, ISBN 978-3-546-10038-0.

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