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Venedig besuchen – und den Eintritt bezahlen?

Venedig
Venedig ist bei Touristen beliebt.

Ein gewöhnlicher Tag im September. In diesem Jahr verließen die Sommerurlauber Venedig in Scharen. Seit Ferragosto am 15. August ist es ruhiger geworden. Aber was bedeutet das in einem der berühmtesten Touristenziele der Welt?

Auch jetzt sind die Straßen rund um den Markusplatz und die Rialtobrücke voller Menschen. Rucksacktourist sitzt mit Pizza in der Hand auf dem Bürgersteig. Der Besitzer mit dem Koffer zwängte sich vorbei. Kreuzfahrturlauber mit Namensschildern versuchen mitzuhalten.

Entscheidung über Eintrittspreise

Für eine Stadt wie Venedig wurde der Begriff „Overtourism“ erfunden, eine extreme Form des Massentourismus mit all seinen negativen Auswirkungen. Jetzt wollen sie reagieren: Ab dem nächsten Jahr müssen Kurzbesucher, die sich nur wenige Stunden in der Lagunenstadt aufhalten, einen Eintrittspreis von fünf Euro zahlen. Es waren zwar nur ein paar Tage, aber trotzdem. Heute hat der Stadtrat seine Entscheidung getroffen – und es könnte sein, dass es nur eine Formsache ist.

Der Contributo d’Accesso (deutsch: Zugangsgebühr) ist eine der langjährigen Debatten Venedigs. Jährlich kommen mehr als fünf Millionen Touristen hierher. In der Hochsaison sind oft mehr als 100.000 Fremde gleichzeitig in der Stadt – die Kernbevölkerung beträgt weniger als 50.000.

„Interessenausgleich“ zwischen Bewohnern und Touristen

Für Einheimische stehen jetzt mehr Betten zum Übernachten zur Verfügung. Doch der Ärger richtet sich vor allem gegen Tagesausflügler, die allermeisten davon sind: Kreuzfahrtschiffe oder Touristen, die morgens kommen und abends abreisen.

Wie die Hartings aus dem niedersächsischen Vechta, nahe Bremen. Ankunft am Bahnhof Santa Lucia: 8:22 Uhr, Abfahrt: 17:32 Uhr. Nun steht das Paar auf der Rialtobrücke. „Es wird unangenehm“, sagte Otto Harting (58). Seine Frau Bernadette sagte: „Der Eiffelturm war auch voller Menschen. Aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“ Die beiden zahlten das Honorar ohne größere Einwände. „So kann es nicht weitergehen“, sagte der 57-Jährige.

Das ist auch die Meinung von Bürgermeister Luigi Brugnaro. „Ich rufe alle auf, zusammenzuarbeiten, um Venedig zu retten und in Zukunft die älteste Stadt zu werden.“ Ziel sei es, einen „Interessenausgleich“ zwischen Einwohnern und Touristen zu erreichen.

Der Mitte-Rechts-Politiker drängt seit einiger Zeit auf den Plan. Aber sie wurden immer wieder verzögert und verwässert, wer weiß, in wie vielen Varianten. Mittlerweile ist sogar von bis zu 10 Euro für das ganze Jahr die Rede.

Detaillierter Plan

Wird jetzt nicht passieren. Im Jahr 2024 müssen Kurzbesucher zunächst an 30 Tagen bezahlen, an denen das Erlebnis besonders gut besucht ist: etwa an Karneval oder Ostern. Der genaue Termin steht noch aus. Anschließend müssen Sie sich vorab online einen QR-Code besorgen und diesen auf Ihr Handy hochladen.

Das „Venedig-Ticket“ sollte vor allem an Bahnhöfen und Kreuzfahrtterminals überprüft werden. Wird jemand ohne erwischt, droht ihm ein Bußgeld zwischen 50 und 300 Euro. Ausgenommen sind Kinder unter 14 Jahren. Die auf 6 Millionen Euro geschätzten Einnahmen sollten dazu verwendet werden, Venedig vor weiteren Schäden zu bewahren.

Belästigung oder echte Hilfe?

Viele Experten sind jedoch skeptisch, was die Gebühr bewirken wird. Warum sollten Touristen mit fünf Euro abgeschreckt werden – in einer Stadt, die ohnehin schon hohe Anforderungen an Touristen stellt? Der offizielle Preis für eine halbstündige Seilbahnfahrt am Abend beträgt jetzt 100 €. Im Café Florian am Markusplatz kostet ein Cappuccino 11,50 Euro, ein Bellini in „Harry’s Bar“ ist doppelt so teuer.

Ihr Chef Arrigo Cipriani nannte die Gebühr einfach „Belästigung“ und spiegelte damit die Meinung vieler in der Geschäftswelt wider. Einige Bürgerinitiativen gehen jedoch davon aus, dass die Stadt die Kosten nicht ernst nimmt. Corriere della Sera berechnete, dass die erwarteten Einnahmen gerade ausreichten, um die notwendige Infrastruktur und Kontrollen zu finanzieren.

Viele vermuten daher, dass die jetzige Entscheidung – und insbesondere die Frist – etwas damit zu tun hat, dass die UNESCO derzeit darüber debattiert, ob Venedig in ihre Rote Liste des „gefährdeten Weltkulturerbes“ aufgenommen werden soll.

Im Juli empfahlen Experten der Kulturorganisation der Vereinten Nationen, Venedig auf die Rote Liste des „gefährdeten Weltkulturerbes“ zu setzen, da die Stadt und die Lagune aufgrund der groß angelegten Entwicklung unumkehrbaren Veränderungen unterliegen Tourismus und sind anfällig für Auswirkungen des Klimawandels.

Damit würde Venedig mit Kriegsgebieten wie Damaskus, Sana’a und neuerdings auch Odessa in einer Reihe stehen – was die Stadtregierung aus Sorge um ihren Ruf natürlich um jeden Preis verhindern möchte. Die internationalen Schlagzeilen kommen Bürgermeister Brugnaro gerade recht. Die UNESCO hofft, in den kommenden Tagen eine Entscheidung treffen zu können.

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