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Urteil wegen Mordes an Mercedes-Fabrik

Viele Angehörige der beiden Opfer weinten nach dem Urteil. Ihr Verwandter wurde vor mehr als sechs Monaten erschossen. Der Schütze muss nun viele Jahre im Gefängnis verbringen.

Der Angeklagte sitzt im Gerichtssaal. Foto.aussiedlerbote.de
Der Angeklagte sitzt im Gerichtssaal. Foto.aussiedlerbote.de

Prozess - Urteil wegen Mordes an Mercedes-Fabrik

Acht Schüsse. Vier Sekunden. Und dann endete alles in der Mercedes-Halle in Sindelfingen. Zwei Menschen wurden angeschossen und stürzten zu Boden. Der Schütze konnte nur kurze Zeit entkommen und schnell gefasst werden. Das Landgericht Stuttgart befand ihn wegen zweier Morde, die im vergangenen Mai in einer Produktionswerkstatt begangen wurden, für schuldig. Der damals 53-Jährige wurde am Dienstag wegen tödlicher Schüsse auf zwei Vorgesetzte zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das Gericht stellt auch die Schwere der Straftat fest. Nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil ist eine Entlassung aus dem Gefängnis nach 15 Jahren rechtlich möglich, aber praktisch unmöglich. „Ich hoffe, dass das Urteil Ihnen ein Gefühl der Gerechtigkeit vermittelt“, sagte der Vorsitzende Richter in Richtung der Angehörigen. „Wir können Ihnen Ihren Schmerz und Verlust nicht nehmen.“

Fast sechs Wochen nach Beginn des Prozesses war der Gerichtssaal voll, um auf das Urteil zu warten. Angehörige der Opfer saßen nervös als Nebenkläger auf ihren Plätzen, während die Mörder ihrer Ehemänner, Väter und Brüder regungslos auf der Anklagebank saßen und den Worten des Richters lauschten.

Während des Prozesses erklärte er, dass er sich von seinen beiden Vorgesetzten, beide türkische Landsleute im Alter von 44 und 45 Jahren, gemobbt und gedemütigt gefühlt habe. Alle drei Männer waren bei demselben Logistikunternehmen innerhalb der Fabrik beschäftigt. „Seine Arbeit war der rote Faden seines Lebens“, las sein Anwalt. Der Richter wies dieses Argument zurück und sagte, die Bedenken des Mannes stünden „völlig im Widerspruch zur Realität“.

Stattdessen raste das Herz des Mannes, er streckte die Hand aus, holte die Kleinkaliberwaffe aus seiner Taille und drückte schnell den Abzug. Die Schüsse kamen für die beiden ahnungslosen Opfer völlig überraschend; der Mann handelte mit „dem unbedingten Wunsch, die beiden Getöteten zu vernichten“, bevor er einem Kollegen gegenüber behauptete, er habe „seine Mission erfüllt“.

Der Richter sagte, die Begründung für den Hauptstreit im Saal, einen Streit über mittelmäßiges Laden von Elektroautos, sei „letztlich ungültig“. Obwohl Zeugen die beiden Opfer als höflich und hilfsbereit beschrieben hatten, kam der Gedanke an Mobbing durchaus ins Spiel.

Auch die Angst vor einer möglichen Entlassung und dem erneuten Abstieg in die Arbeitslosigkeit kann ein entscheidender Faktor sein. Der Beklagte verfügte insbesondere nicht über einen Aufenthaltstitel, sondern lediglich über eine sogenannte Falschbescheinigung. Nach eigenen Angaben verlängerte das türkische Konsulat den erforderlichen Reisepass aufgrund regierungskritischer Äußerungen nicht. Ihm drohte die Abschiebung aus Deutschland, falls er seinen Arbeitsplatz verlieren sollte.

Aus Sicht seines Anwalts sei der Griff zur Waffe „wie ein Blackout“ und ein „Ausdruck tiefer Verzweiflung inmitten erhöhter emotionaler Erregung“ gewesen. Dennoch entschied das Landgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft und insgesamt 12 Nebenkläger über die Höchststrafe nach deutschem Recht.

Die Anwälte beider Familien sagten, die Angehörigen hätten nun eine Chance, ihren Fall zumindest gerichtlich abzuschließen. „Die Erfahrung zeigt, dass der Prozess der Trauerbewältigung jetzt beginnt.“ Diese beiden Männer wurden aus einem trivialen Grund ermordet. „Es ist schwieriger, mit der Trauer umzugehen“, fuhr er fort.

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Quelle: www.stern.de

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