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Unternehmen in Dauerkrise: Kommt eine Pleitewelle?

Von einer Krise in die nächste: Viele Unternehmen kämpfen seit Jahren. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Insolvenzen weiter steigen wird.

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Eine sich verlangsamende Konjunktur, steigende Zinsen und hohe Energiepreise haben in diesem Jahr zu einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen geführt. Foto.aussiedlerbote.de

Insolvenzen - Unternehmen in Dauerkrise: Kommt eine Pleitewelle?

Immer mehr deutsche Unternehmen geraten aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, hoher Energiepreise und steigender Zinsen in Schwierigkeiten. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet in diesem Jahr mit einem deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen und im Jahr 2024 mit einem weiteren Anstieg. „Müssen wir jetzt mit einer Insolvenzwelle oder gar einem Insolvenz-Tsunami rechnen? Wir sagen ganz klar: Nein, damit müssen wir nicht rechnen“, sagte Bernd Bütow, Geschäftsführer der Creditreform in Frankfurt. „Generell gilt: Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Insolvenzen auch im nächsten Jahr zunehmen wird, jedoch im Allgemeinen nicht auf ein besorgniserregendes Niveau. "

Creditreform schätzt auf Basis der Daten bis November, dass bis Jahresende im Land 18.100 Unternehmen vor dem Insolvenzgericht stehen werden, etwa ein Viertel (23,5 %) mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Mit Blick auf das Jahr 2024 sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Konjunkturforschung bei Creditreform: „Nach heutigem Kenntnisstand sind rund 20.000 durchaus realistisch.“ Hantzsch erklärte: „Immer mehr Unternehmen kämpfen mit hohen Energiepreisen und Zinsen.“ Misserfolge unter anhaltendem Veränderungsdruck.“ Schätzungsweise 205.000 Arbeitsplätze sind in diesem Jahr durch Unternehmensinsolvenzen bedroht oder verloren.

Der Bausektor ist besonders stark betroffen

Besonders stark betroffen sind die Branchen Einzelhandel, Immobilien und Bau. Prominentestes Beispiel ist der Zusammenbruch der Signa Holding des österreichischen Immobilien- und Einzelhandelsinvestors René Benko, die zahlreiche Gewerbeimmobilien in Deutschland besaß, und der Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof. Auch andere namhafte Unternehmen sind im Jahr 2023 in Aufruhr, etwa der Modehändler Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf (P&C), der seine Restrukturierung im Oktober letzten Jahres abgeschlossen hat, und die SB-Warenhauskette Mein Real.

Laut Creditreform zeigen die Insolvenzanträge von Signa Real Estate German und Signa Holding, wie schwierig es für Projektentwickler und Immobilienentwickler geworden ist. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat die Bau- und Immobilienbranche mit gestiegenen Kosten und steigenden Zinsen zu kämpfen. Mit 81 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen weist das Baugewerbe derzeit die höchste Insolvenzquote in Deutschland auf.

Vor allem kleinen Unternehmen geht das Geld aus

Daten von Creditreform zeigen, dass branchenübergreifend mehr als 80 % der insolventen Unternehmen Kleinunternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern sind. Auch große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro geben ihr Geschäft viel häufiger auf als noch vor einem Jahr, so eine Analyse des Beratungsunternehmens Falkensteg. Falkensteg schätzt, dass die Zahl der Insolvenzen in dieser Kategorie von 190 in den ersten drei Quartalen auf 260 im Gesamtjahr steigen könnte. In den letzten sieben Jahren ist die Zahl der Fälle allein im Jahr 2020 mit 292 Großinsolvenzen gestiegen.

Hanz sagte, es sei ein „Corona-Bumerang“ zu beobachten: Geschäftsmodelle, die bisher durch Staatshilfen gestützt worden seien, stünden jetzt in einem harten Wettbewerb, und verzögerte Strukturreformen seien angesichts neuer Herausforderungen besonders belastend. Um die durch die Epidemie verursachte Insolvenzwelle zu vermeiden, hat das Land vorübergehend Ausnahmen zugelassen. Im Jahr 2022 ist die Zahl der Insolvenzen erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009 wieder gestiegen.

Normalisierung statt Pleitewelle

Christoph Niering, Präsident des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Treuhänder Deutschlands (VID), sagte, das aktuelle Wachstum sei vor allem eine Normalisierung der Insolvenzen nach dem Auslaufen der Staatshilfen: „So wie wir es im 20. Jahrhundert gemacht haben, geht es nicht.“ Jedes Jahr gibt es mehr als 30.000 Insolvenzen, wie wir es Mitte der Neunziger erlebt haben.

Ähnlich sieht es der Informationsdienstleister Crif, der prognostiziert, dass die Zahl der insolventen Unternehmen in diesem Jahr um 22,8 % auf 17.900 steigen wird. Diese Zahl könnte im nächsten Jahr auf 20.000 Fälle steigen. Das liegt immer noch unter dem Durchschnitt von fast 26.200 Insolvenzen, die seit 1999 jährlich angemeldet werden. Der Höhepunkt war im Jahr 2003 mit 39.320 Insolvenzen.

Frank Schlein, Geschäftsführer von Crif Deutschland, sagte, die meisten Unternehmen seien finanziell weiterhin in einer guten Verfassung. Eine Zunahme der Zahl von Großinsolvenzen könnte jedoch zu weiteren Insolvenzen führen. „In manchen Fällen sorgt ein Dominoeffekt dafür, dass ein bankrottes Unternehmen über einen gewissen Zeitraum andere Unternehmen in die Insolvenz reißt“, erklärte Schlein.

Die Stärke des Arbeitsmarktes hat bislang einen Anstieg der Verbraucherinsolvenzen verhindert. Obwohl sich der Abwärtstrend des letzten Jahres nicht fortgesetzt hat, ist die Zahl der Verbraucherinsolvenzen laut Creditreform in diesem Jahr mit geschätzten 66.200 (2022: 65.930) nahezu unverändert geblieben. Allerdings rechnet die Wirtschaftsauskunftei auch hier mit steigenden Zahlen, da sich die Konjunkturaussichten abschwächen, zumal sich die Überschuldung vieler Menschen deutlich verschlimmert.

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Quelle: www.stern.de

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