Die Bundesregierung versucht seit Anfang des Jahres, mehr Rentner zu ermutigen, nach der Pensionierung weiter zu arbeiten, indem sie die Zuverdienstregeln für Frührentner lockert. Allerdings ist das Interesse an einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit begrenzt, heißt es in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Automobilzulieferers Continental. Nur jeder Fünfte gab an, nach der Pensionierung zumindest Teilzeit arbeiten zu wollen. Ariane Reinhart, Personalleiterin der deutschen Nachrichtenagentur Conti, sagte, der Fachkräftemangel könne so nicht gelöst werden. „Es wird nicht allzu dringend sein.“
Zum Jahresende und Anfang des Jahres hat die Bundesregierung die bisherigen Zuverdienstbeschränkungen für Rentner, die vorzeitig in Rente gegangen sind, aufgehoben. Statt maximal 46.060 Euro im Jahr können sie jetzt unbegrenzt viel ohne Rentenkürzung verdienen. Vor allem wer mit 63 Jahren eine Rente bezieht, kann davon profitieren.
Im Juli befragte das YouGov Research Institute fast 1.000 Menschen im Alter von 58 bis 67 Jahren, die kurz vor dem Ruhestand stehen. Nur 22 % der Befragten gaben an, dass sie nach der Pensionierung gerne Teilzeit oder Vollzeit arbeiten würden. Andererseits gaben 43 % der Befragten an, dass sie vor Erreichen des Rentenalters ganz aufhören wollen zu arbeiten.
Conti-Manager Reinhardt hat in diesem Zusammenhang die von der Großen Koalition auf Initiative der SPD im Jahr 2014 eingeführte Praxis des Rentenabzugs im Alter von 63 Jahren für Langzeitbeschäftigte kritisiert. Es wird vor allem von gut ausgebildeten Arbeitnehmern mit mittlerem Einkommen genutzt. „Das sind die Fachkräfte, die uns im Moment fehlen. Wir können es uns auf Dauer nicht leisten, auf dieses Wissen zu verzichten.“
Die eigentliche Zielgruppe – Menschen mit langjähriger Handarbeit – geht weiter Andererseits wird die Rente im Alter von 63 Jahren kaum genutzt, weil sie oft nicht genug verdienen. „Die Bundesregierung sollte endlich ehrlich sein“, sagte Reinhart. „Wenn ich in acht Jahren feststelle, dass die Regelungen ihren Zweck verfehlen, muss ich sie ändern. Vor allem, wenn wir einen Fachkräftemangel haben.“
Die Umfrage zeigt, dass die Spitzenverdiener mehr verdienen Die Bereitschaft, im Alter länger zu arbeiten, liegt bei 51 %, gefolgt von Geringverdienern, die weniger als 500 Euro im Monat verdienen, mit 36 %. Reinhardt geht davon aus, dass die Gründe unterschiedlich sein können: zwar hohe Einkommen Verdiener mögen vor allem durch Interesse am Arbeiten und den Wunsch motiviert sein, weiter zu arbeiten, aber Geringverdiener können einfach nicht auf ihr Einkommen verzichten.