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Über Migration und Integration in Deutschland

Es gibt viele Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen und in ein anderes Land auswandern. Manche fliehen vor dem Krieg und Gewalt. Andere sind auf der Suche nach einem besseren Leben, weil es in ihrem Heimatland keine beruflichen Perspektiven gibt. Einige migrieren aus Neugier oder Abenteuerlust.

Migration ist keine Erfindung unserer Zeit. Völkerwanderungen, Umsiedlungen, Vertreibungen: Freiwillig oder unfreiwillig waren die Menschen schon immer in Bewegung gewesen. Auch Deutschland ist ein Einwanderungsland. Doch Migration bringt jede Menge Herausforderungen mit sich: Nicht nur für die Eingewanderten, sondern auch für die Aufnahmegesellschaft.

Vertriebene und Gastarbeiter

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges erreichten Deutschland immer wieder neue Zuwanderungsströme. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges und bis 1950 kamen nach Deutschland ca. 12 Millionen Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, auch als Vertriebene bekannt. Diese Menschen sind in den Kriegsmonaten vor der sowjetischen Armee geflohen oder wurden aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten vertrieben. In Deutschland empfing man sie nicht unbedingt mit offenen Armen. Die Lage im Land nach dem Krieg war verheerend. Da empfand man die Ankunft von Millionen geflüchteter Menschen aus dem Osten als eine zusätzliche Belastung.

Als in Deutschland der Wiederaufbau begann, waren die eigenen Kapazitäten ziemlich knapp. Aber auch später wurden in vielen Bereichen der Wirtschaft neue Arbeitskräfte benötigt. Zwischen 1955 und 1973 kamen so zahlreiche „Gastarbeiter“ ins Land. Die Zugewanderten stammen aus der Türkei, Italien, Spanien, Griechenland, Portugal, Tunesien, dem ehemaligen Jugoslawien und sogar aus Südkorea. Insgesamt kamen ca. 14 Millionen „Gastarbeiter“ nach Deutschland. Die meisten von ihnen wanderten nach einer bestimmten Zeit in ihre Heimatländer zurück. Etwa drei Millionen blieben in Deutschland, holten ihre Familien nach und haben sich hier ein neues Leben aufgebaut.

Aussiedler, Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge

Ebenfalls in 1950er Jahre begann der Zuzug der Deutschen aus der Sowjetunion. Nach dem Besuch von Konrad Adenauer in Moskau im Jahre 1955, wurden nicht nur deutsche Kriegsgefangene in die Heimat zurückgeholt, sondern es durften auch die ersten deutschstämmige Sowjetbürger in die historische ausreisen, die in der Sowjetunion aufgrund ihrer Herkunft starken Repressalien ausgesetzt waren.

Der Zuzug der Deutschen aus der Sowjetunion wurde in den 1960er Jahren unterbrochen und lebte erst Mitte der Siebziger wieder auf. Eine große Auswanderungswelle fand in den 1980er Jahre statt sowie nach dem Zerfall der Sowjetunion in den Neunzigern. Diese Menschen sind auch als Spätaussiedler bekannt. Aber auch aus Polen, Rumänien und Ungarn wanderten viele deutschstämmige Aussiedler nach Deutschland ein. Heute kommen immer noch Spätaussiedler nach Deutschland, allerdings ist ihre Zahl mittlerweile sehr gering. Die Spätaussiedler gelten übrigens als eine der bestintegrierten Gruppe in Deutschland. Man sagt auch, sie hätten sich „geräuschlos“ integriert.

Auf der Flucht vor dem Krieg

Immer wieder suchten Menschen, die vor dem Krieg geflohen waren, in Deutschland eine Zuflucht. Hierzulande ist vielen der Begriff „Boat-People“ nach wie vor unbekannt. Dabei handelt es sich um Menschen, die in überfüllten Booten vor dem Krieg in Vietnam einen Schutz gesucht haben. Ca. 40.000 solcher Boat-People hat Deutschland in den 70er Jahren aufgenommen.

Leider bricht immer wieder irgendwo eine neuer bewaffneter Konflikt oder ein Krieg aus. Deshalb kam es in Deutschland immer wieder zu neuen Zuwanderungswellen von Menschen, die vor dem Krieg geflüchtet waren. Unter anderem handelte es sich um Geflüchtete vor Jugoslawienkriegen in den Neunzigern (Bosnien-Krieg, Kroatien-Krieg, Kosovo-Krieg), aber auch nach 2015 aus Syrien, Irak oder Afghanistan.

Es leben in Deutschland viele Menschen, die in ihrem Heimatland Verfolgung und starke Diskriminierung erfahren und um ihr Leben fürchten müssen. Es handelt sich dabei um politisch Verfolgte, oder zum Beispiel um Mitglieder der LGBTIQ-Community.

Weitere Gründe

Viele Menschen kommen nach Deutschland wegen Ausbildung, Studium oder Arbeit. Ab dem Jahr 2004 erfuhr Deutschland einen starken Zuwachs an Arbeitskräften aus Europa, vor allem Spanien, Portugal, Polen, Rumänien und Ungarn. Junge Menschen aus der ganzen Welt kommen gern nach Deutschland, um hier studieren zu können. Manche kommen aus Neugier und Interesse, um das Land, die Sprache und die Kultur kennenzulernen, sich künstlerisch betätigen oder bestimmte Projekte von Deutschland aus zu starten.

Die ewige Frage nach der Integration

Jedes Mal, wenn eine neue Einwanderungswelle Deutschland erreicht, brechen auch neue Diskussionen über die Aufnahmekultur los. Auch die Integration stellt immer wieder eine Herausforderung dar. In der Vergangenheit leider viele Fehler seitens der Regierung, der Gesellschaft, aber auch seitens der Communities selbst zugelassen. Da bei vielen die Rahmenbedingungen eher ungünstig waren, ist die Integration nicht ganz erfolgreich gelungen, oder in den schlimmsten Fällen, gar nicht. So entstanden auch regelrechte Parallelgesellschaften, die sich von der Gesamtgesellschaft bewusst abkapseln und ein Leben nach ihren eigene Regeln führen.

Kein Universalrezept

Leider haben nicht alle Menschen die gleichen Startvoraussetzungen in Deutschland. Was die Integration betrifft, so gibt es leider kein Universalrezept, das auf alle Menschen, die in Deutschland einwandern, angewendet werden kann. Das Erlernen der deutschen Sprache gilt als eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Integration. Manche kommen bereits mit Vorkenntnissen, für andere stellt die deutsche Sprache ein unergründliches Universum dar. Auch die Frage nach der Anerkennung der bisherigen Schul-, Studium- und Arbeitsleistungen erweist sich oft als sehr kompliziert. Was sich aber in den letzten Jahren bewiesen hat, ist, dass die Integration von beiden Seiten gewollt und angesteuert werden muss, damit sie gelingen kann.

Neid auf die Neuankömmlinge?

Ein großes Problem ist übrigens auch der Neid auf die Neuankömmlinge. Nicht nur seitens der Einheimischen, sondern oft auch seitens der anderen Migrantengruppen. „Sie nehmen uns unsere Arbeitsplätze weg.“ – „Wir wurden aber nicht mit offenen Armen empfangen!“ – „Bei uns war alles viel schlechter.“ – „Wir haben nichts auf dem Serviertablett bekommen, wir mussten uns alles erkämpfen.“ Das sind Sprüche, die Menschen oft in ihrer Verbitterung als Argument bringen, warum sie den Neuankömmlingen nicht wohlgesinnt sind. Solche Stimmen werden auch jetzt laut, während Hunderttausende Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland kommen.

Dennoch sollten wir die Tatsache, dass Menschen in Deutschland immer bessere Rahmenbedingungen für einen Start bekommen, als positiv betrachtet. Denn unsere Gesellschaft entwickelt sich ebenfalls weiter. Wir lernen aus den Fehlern der Vergangenheit und setzen die neuen Erkenntnisse sinnvoll ein.

Brückenbauer und Vermittler

Mag sein, dass die Willkommenskultur in Deutschland vor fünf, zehn, vor 20 oder 50 Jahren eine andere war. Doch es darf als eine erfreuliche Entwicklung betrachtet werden, dass die Gesamtgesellschaft ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie schwer der Start in einem neuen Land, ohne Sprache und vorerst ohne Perspektiven, sein kann. Und dass sich Menschen, Institutionen und Behörden zusammenschließen, um Neuankommenden diesen Start zu erleichtern. Daher ist diese Tatsache eher ein Grund zur Freude und stolz auf die Fortschritte in unserer Gesellschaft zu sein.

Die Menschen, die selbst Migrationserfahrung gemacht haben, können übrigens wunderbar als Brückenbauer und Vermittler dienen. Vor allem, wenn sie die sprachlichen Kenntnisse mitbringen. Eine negative Erfahrung sollte das eigene Leben nicht bestimmen oder zu Verbitterung führen. Viele Menschen haben sich diese Erfahrungen und die Erkenntnisse daraus zu Instrumenten gemacht, um anderen Menschen dabei zu helfen, in Deutschland schneller Fuß fassen zu können.

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