zum Inhalt

Trittin verteidigt Paus: Auf Absprachen kein Verlass

Jürgen Trittin
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin verteidigt Familienministerin Paus.

Im koalitionsinternen Streit über die Kindergrundsicherung hat der Grünen-Politiker Jürgen Trittin Familienministerin Lisa Paus (auch Grüne) nach deren Blockade des Wachstumschancengesetzes den Rücken gestärkt. «Lisa Paus’ Vorgehen kann man angesichts der Erfahrungen in der Koalition mehr als nachvollziehen», sagte der frühere Grünen-Fraktionschef der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Auf Vereinbarungen mit SPD wie FDP ist – anders als bei Rot-Grün – kein Verlass. Da ist es nur konsequent, wenn die vereinbarte Kindergrundsicherung erst seriös finanziert wird, bevor man Steuersenkungen von Herrn Lindner zustimmt.»

Mit der Kindergrundsicherung will Paus Leistungen für Familien zusammenfassen und diese zugleich erhöhen. Die FDP sieht Leistungsverbesserungen kritisch. Vor diesem Hintergrund hatte Paus das sogenannte Wachstumschancengesetz von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Kabinett blockiert. Dabei handelt es sich um ein Gesetzespaket mit steuerpolitischen Maßnahmen, die die Wirtschaft um jährlich rund 6,5 Milliarden Euro entlasten sollen.

«Sie hat damit den Mechanismus durchbrochen, bei dem die Grünen immer mehrfach für eine politische Einigung mit der FDP bezahlt haben, weil sie in Vorleistung gingen», sagte der frühere Bundesumweltminister Trittin. Er bezweifelte zugleich die Wirksamkeit der von Lindner vorgeschlagenen Entlastungen. «Lindners Wachstumschancengesetz bringt wenig, die Bekämpfung der Kinderarmut ökonomisch viel.» Die Entlastung einkommensarmer Schichten etwa mit der Kindergrundsicherung sei wachstumsfördernder als jede Steuersenkung für Unternehmen.

«Ganz normaler Vorgang im Kabinett»

Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler stellte sich ebenfalls an die Seite der Familienministerin. «Das Vorgehen von Lisa Paus ist richtig. Es ist ein ganz normaler Vorgang im Kabinett, dass Gesetzentwürfe um wenige Wochen verschoben werden», sagte Kindler der «Rheinischen Post». Er riet: «Alle sollten jetzt von den Bäumen herunterkommen und sich wieder der Arbeit in der Sache zuwenden.» Beim Wachstumschancengesetz sieht Kindler noch Verbesserungsbedarf, «insbesondere mit Blick auf die Kosten-Nutzen-Effizienz mancher Vorschläge und die Auswirkungen für die kommunalen Kassen». Die Kindergrundsicherung nannte er nicht nur sozialpolitisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. «Mit ihr bekämpfen wir die Armut von Kindern und Jugendlichen und investieren in die Fachkräfte von morgen.»

Juso-Chefin Jessica Rosenthal forderte eine rasche Einigung zur Kindergrundsicherung. «Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass wir endlich mit der Umsetzung anfangen. Ich ertrage keinen Tag länger, dass es in einem reichen Land wie Deutschland Kinderarmut gibt und Familien nicht die Unterstützung erhalten, die sie verdienen», sagte Rosenthal der «Rheinischen Post». «Aber es ist kein guter Weg, wie Lisa Paus hier gerade agiert. Es bringt uns nicht weiter, sachfremde Themen miteinander zu verknüpfen», sagte die Juso-Chefin weiter.

Im Bundeselternrat wird Paus’ Vorgehen «äußerst kontrovers diskutiert», wie dessen Vorsitzende Christiane Gotte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte. Die Skala reiche «von vollem Verständnis und Zustimmung bis hin zu absolutem Unverständnis und kompletter Ablehnung». In der Sache mahnte sie, die Bekämpfung von Kinderarmut und die Entlastung der Familien müsse oberstes Ziel sein, weil es um die Zukunft der Gesellschaft gehe. «Dies muss endlich auch bei Herrn Lindner ankommen.»

SPD-Chef Klingbeil mahnt zum Zusammenhalt

Strittig sind weiter die Kosten für eine Kindergrundsicherung. Für das Startjahr 2025 sind derzeit nur zwei Milliarden Euro vorgemerkt. Paus hatte zu Beginn zwölf Milliarden, später maximal sieben Milliarden Euro pro Jahr gefordert. Im Gesetzentwurf ist nach einem Bericht von «Zeit online» nun von zunächst 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2025 die Rede. Bei einem Pressestatement am Freitag hatte Paus keine Zahlen genannt und auch keine Fragen zugelassen.

SPD-Chef Lars Klingbeil rief die Ampelkoalition zum Zusammenhalt auf. «Mitten in Europa tobt ein Krieg, die Wirtschaft braucht unsere Unterstützung beim klimaneutralen Umbau, wir haben eine rechtsextreme Partei, die Zulauf hat. Auf diese Herausforderungen müssen wir unsere Energie verwenden», sagte Klingbeil dem RND. «Ich erwarte, dass sich alle Koalitionspartner schnell besinnen», fügte er hinzu. Die Regierung müsse die Alltagsprobleme der Menschen lösen und ihnen im Wandel Sicherheit geben. Die Kabinettsklausur am Ende des Monats müsse ein Erfolg werden, mahnte Klingbeil.

Kommentare

Aktuelles