Nach der Tübinger Entscheidung für kürzere Kita-Öffnungszeiten rechnen Experten mit weiteren grundsätzlichen Beschlüssen für Kommunen, deren Einrichtungen unter dem Druck des Fachkräftemangels leiden. «Es gibt inzwischen mehrere Städte, die die Betreuungszeiten einschränken müssen oder mussten», sagte eine Sprecherin des Städtetags Baden-Württemberg der Deutschen Presse-Agentur. «Bisher waren das Einzelfälle wegen kurzfristigen Personalausfalls – die geplante Reduzierung von Öffnungszeiten in der Fläche scheint nun der nächste Schritt zu sein.» In Tübingen hatte der Gemeinderat am Montagabend beschlossen, dass zahlreiche Kitas in der Stadt künftig wegen Personalmangels die Öffnungszeiten verkürzen müssen.
Viele Eltern werden ihre Kinder dann schon am frühen Nachmittag abholen müssen. Der beschlossenen Vorlage zufolge soll es aber stellenweise ein möglichst bedarfsdeckendes Angebot bis 16.30 Uhr geben. Wie genau das dann in der Praxis aussehen wird, ist bislang unklar. Die verkürzten Öffnungszeiten sollen ab dem neuen Kindergarten-Jahr – also von September an – gelten. Es werde nun noch geprüft, wie genau man das umsetzen werde, sagte eine Sprecherin der Stadt Tübingen.
Aus Sicht des Landeselternbeirates geht es vor allem darum, grundsätzlicher gegen den Personalmangel vorzugehen. «Gesetze alleine bringen nichts ohne Schaffung und Bereitstellung von Ressourcen», sagte der Vorsitzende Michael Mittelstaedt. Verschärft werde der Mangel durch das angestrebte Ganztagskonzept in den Schulen, denn auch dort plane man zur Betreuung der Kinder mit «sonstigem pädagogischen Personal». Daraus entstehe quasi eine Konkurrenzsituation: «Mehrere ziehen also an derselben Personengruppe.»
Aus Sicht des Gemeindetags sind kürzere Betreuungszeiten die «Ultima Ratio», da dies so großen Einfluss auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe. Das Probleme werde aber schon länger wahrgenommen, so hatten etwa einzelne Kitas in Schorndorf und Kandern ihre Öffnungszeiten reduziert.
Der Beschluss bringt viele berufstätige Eltern in die Bredouille. Die Stadtverwaltung soll für die Nachmittage nun möglichst viele und möglichst regelmäßige Alternativen organisieren. So sollen beispielsweise Studierende aus pädagogischen Fächern oder der Sportwissenschaft für Bewegungs- und Musikangebote angeworben werden.