Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Wirtschaftsstandort Deutschland gegen Kritik verteidigt. Er verwies am Sonntag in einem Interview der ZDF-Sendung «Berlin direkt» auf milliardenschwere Investitionen ausländischer Konzerne in Deutschland. Zurückhaltend äußerte sich der SPD-Politiker erneut zum Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über einen staatlich subventionierten, niedrigeren Industriestrompreis.
Wirtschaftsverbände fordern angesichts der Konjunkturflaute und wegen der im internationalen Vergleich hohen Energiepreise breite Entlastungen. Verbände warnen zudem vor einer Abwanderung von Firmen ins Ausland.
Scholz sagte, in Deutschland fänden große Direktinvestitionen statt. Er sprach von einem massiven Ausbau der Halbleiterproduktion. Unternehmen siedelten sich bewusst an. «Sie haben sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland entschieden.»
Der taiwanische Chiphersteller TSMC hatte angekündigt, bis 2027 ein Halbleiterwerk in Dresden zu errichten. Der Konzern erwartet, dass die gesamte Investitionssumme zehn Milliarden Euro übersteigen wird. Die Hälfte wird voraussichtlich als Förderung vom Staat aufgebracht. Zudem soll Intel in Magdeburg bei Investitionen von 30 Milliarden Euro für einen neuen Standort fast 10 Milliarden vom Staat erhalten.
Strompreise vordringliche Aufgabe
Mit Blick auf die Energiepreise sagte Scholz, die Bundesregierung sorge strukturell dafür, dass die Stromerzeugung in Deutschland billiger werde – über einen Ausbau der Erzeugungskapazitäten und der Stromnetze. «Wir haben eine Hauptaufgabe. Die besteht darin, dass wir die Strompreise runterkriegen, strukturell. Denn wir werden ja nicht in der Lage sein, dauerhaft Strompreise zu subventionieren.» Wäre man schneller mit dem Ausbau der Stromnetze gewesen, hätte man jetzt schon billigere Strompreise.
Scholz sprach von einem «ganz neuen Tempo» beim Ausbau der Stromerzeugung aus Windkraft, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft. Dies werde eine Wirkung auf die ganze Wirtschaft haben. Der Kanzler hatte im Frühjahr wegen hoher Investitionen in mehr Klimaschutzmaßnahmen gesagt, es seien hohe Wachstumsraten wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50er und 60er Jahren zu erwarten. Wirtschaftsverbände sehen das nicht.
Deutschland sei als Exportnation sehr erfolgreich, sagte Scholz. Wenn anderswo das Wachstum etwas schwächele, mache sich das bemerkbar. «Aber man darf da jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.» Die Bundesregierung arbeite daran, Probleme zu lösen. Er verwies auf geplante Erleichterungen bei der Einwanderung ausländischer Fachkräfte.