Mit seinem Corona-Impfstoff hat das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech weltweit Erfolge gefeiert. Nun baut der Konzern seinen Standort im mittelhessischen Marburg aus. Dort soll Ende dieses Jahres die erste unternehmenseigene Herstellungsstätte für Plasmid-DNA im kommerziellen Maßstab starten. Bei einem Besuch des Werkes kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz an, den Forschungsstandort Deutschland weiter stärken zu wollen.
«Wir müssen schnellere Genehmigungsverfahren für Fabriken, für neue Medikamente, für Forschungsvorhaben und auch für die Nutzung von Forschungsdaten möglich machen», sagte der SPD-Politiker. «Da wollen wir jetzt in ganz kurzer Zeit mit vielen sehr konkreten Gesetzesvorhaben dazu beitragen, dass die Medizinindustrie und Gesundheitswirtschaft Fortschritte macht.»
Zuvor hatte sich Scholz ein Bild von der neuen Plasmid-DNA-Produktion in Marburg gemacht. Plasmide sind kleine, ringförmige DNA-Moleküle und laut Biontech ein zentrales Ausgangsmaterial für die Herstellung von mRNA-basierten Impfstoffen und Therapien. In der Vergangenheit musste der Impfstoffhersteller Plasmid-DNA extern einkaufen.
Flexibler und autonomer
Mit der neuen rund 40 Millionen Euro teuren Herstellungsstätte werde Biontech Plasmid-DNA eigenständig herstellen können und so flexibler und autonomer bei der Herstellung von Ausgangsmaterialien für seine Onkologie- und COVID-19-Impfstoffe werden, erklärte Biontech-Mitgründerin und Medizin-Vorstand Özlem Türeci.
«Wir brauchen eine Forschungslandschaft, die wir gemeinsam mit den Ländern in Deutschland stabilisieren und weiterentwickeln müssen, damit Grundlagenforschung in Deutschland stattfinden kann, die dann die nächsten großen Erkenntnisse ermöglicht», sagte Scholz. Das «neue Deutschland-Tempo», das die Bundesregierung beim Bau von Pipelines und LNG-Terminals vorgelegt habe, solle auch dann gelten, wenn es um den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland gehe.
Biontech hatte im Januar angekündigt, ein auf künstlich Intelligenz spezialisiertes britisches Start-up übernehmen zu wollen. Nur wenige Tage zuvor war bekannt geworden, dass die Mainzer in Cambridge ein Forschungs- und Entwicklungszentrum zur Krebstherapie aufbauen wollen. Ziel sei es, bis 2030 bis zu 10.000 Patientinnen und Patienten mit personalisierten Krebsimmuntherapien zu behandeln – entweder im Rahmen klinischer Studien oder als zugelassene Behandlungen.
Anlässlich des Kanzlerbesuchs hatten mehrere linke Gruppen zur Demonstration gegen die Lieferung der «Marder»-Panzer aufgerufen. Laut Polizei hat sich am Donnerstagnachmittag eine «niedrige zweistellige Anzahl» an Demonstranten in der Marburger Innenstadt versammelt.