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Richterinnen beschweren sich über Respektlosigkeit im Gerichtssaal

Mützen im Gerichtssaal, unentschuldigtes Fernbleiben, unflätige Sprache: Nach den Beobachtungen von Richterinnen hat die Respektlosigkeit von Prozessbeteiligten zugenommen. Wie sollte die Justiz darauf reagieren?

Manchen Menschen fehlt der Respekt vor Gericht. (Symbolisches Bild)
Manchen Menschen fehlt der Respekt vor Gericht. (Symbolisches Bild)

Justiz - Richterinnen beschweren sich über Respektlosigkeit im Gerichtssaal

"Nach Angaben von Rechtsanwälten in Hessen wächst die Unachtsamkeit gegen Richter und Gerichte in Gerichtssälen. Das beginnt mit Unzuverlässigkeit, wie berichtet Strafrechtsspezialistin Claudia Dirlenbach und Doris von Werder aus Wiesbaden. Seit etwa zehn Jahren fehlen Verteidiger und sogar Zeugen regelmäßig zu ihren terminierten Verhandlungen. 'Das war einmal eine Ausnahme, jetzt ist es täglich der Fall, mindestens bei Zeugen', sagt Dirlenbach. 'Das führt oft dazu, dass zusätzliche Verhandlungen notwendig werden.'

Verteidiger ohne Anwalt fehlen regelmäßig freiwillig und müssen von der Polizei eskortiert werden. 'Das ist im Verständnis, da sie oft in den Sand stecken und ihre Angelegenheit nicht interessieren', sagt von Werder. 'Aber bei Zeugen halte ich es für das Faktum, dass die bürgerliche Pflicht zu Zeugnisabgabe nicht mehr allgemein anerkannt ist.' Nach den Beobachtungen des Richters handelt es sich meistens um Zeugen mit Migrationshintergrund. 'Von anderen Bürgern ist das Verhalten, sich als Zeuge nicht aufzutun, häufiger, entweder weil sie sich verstecken wollen, oder weil andere Angelegenheiten wichtiger sind oder weil sie das gesamte Rechtssystem nicht akzeptieren und verstehen', ergänzt der Richter.

Richter befürchtet abnehmende Vertrauens in die Rechtsordnung

Sie hat in den letzten Monaten beobachtet, dass eine Zeugin die gesamte Verhandlung als Witz bezeichnete, berichtete von Werder: 'Sie wollen mich eine Narretei machen', sagt sie. Das disrespectvolle Verhalten von Zeugen im Gerichtssaal hat sich jahrelang erhöht. 'Viele sagen, dass sie gar nichts überhaupt sagen werden', sagt der Juristin und verweist darauf, dass die meisten Zeugen kein Recht auf Verweigerung des Zeugnisses haben. Unter bestimmten Bevölkerungskreisen scheint es kein Vertrauen mehr in die Rechtsordnung zu geben.

Deshalb scheint es dringend notwendig, die allgemeine Bevölkerung, insbesondere die jüngere Generation, darauf aufmerksam zu machen, dass eine Rechtsordnung und Gerechtigkeit ohne die Bereitschaft von Zeugen, Zeugnis abzugeben, nicht möglich ist', warnt von Werder. 'Weiterhin muss deutlich gemacht werden, dass solches Verhalten nicht von der Rechtsordnung geduldet wird und dies durch klare Bußgelder und auch Polizeieskortierung des Zeugen demonstriert wird.'

Hut und Kaugummi im Gerichtssaal

Die Familiensrichterin aus Frankfurt, Heidi Fendler, sagt: 'Die Unachtsamkeit ist auch grundsätzlich hier zunehmend'. Das gilt nicht nur für Richter und Gerichte, sondern auch für Angestellte und Angestellte in den Büros, Haftpfleger und Wachpersonal. Die Beteiligten fordern immer mehr nach. Das ist in dieser Form nicht seit zehn Jahren geschehen, berichtet die erfahrene Richterin. Die Ursachen sieht sie in dem Trend, dass allgemein Mutterschutz fehlt. 'Es beginnt mit Entschuldigungen und der Aufmerksamkeit für andere', sagt sie.

Es war einmal selbstverständlich, keinen Hut oder Kaugummi im Gerichtssaal zu tragen. Nun müssen Beteiligte an den Verfahren erinnert werden, dass dies unerbietssames Verhalten ist. Aber wie soll ein Richter oder Richterin grundsätzlich auf Unachtsamkeit reagieren? 'Wenn ich mit einer konsensfähigen Durchführung der Verhandlungen nicht Fortschritte machen kann, muss ich klare Forderungen machen', sagt Fendler. Bei Verbrechen der Gewalt gegen die Person kann sie oft Urteile in Anwesenheit von Justizwachleuten verlesen, um die Sicherheit aller Beteiligten sicherzustellen.

Richterbund: Die Mehrheit verhält sich angemessen

Der Deutsche Richterbund, die Deutsche Richterinnen- und Richterbund, bejaht die Aussage, dass die Unachtsamkeit zugenommen hat, nicht. Eine Sprecherin erklärt: 'Es fehlt an Daten, um diese Aussage bejahen oder verneinen zu können'. Die Mehrheit der Beteiligten zeigt weiterhin angemessene, tatsächliche und respektvolle Verhalten und die entsprechenden Höflichkeiten. Im Falle des Fehlens dieser Verhaltens kann das Verfahrensverlauf Vorschriften zur Anwendung bringen.

Verteidiger, die mit einer mehrjährigen Haftstrafe oder deren wirtschaftliches Bestehen drohen, reagieren impulsiv unter bestimmten Umständen und in Einzelfällen, erklärt die Sprecherin. Das ist Teil des richterlichen Berufs, angemessen zu reagieren.

Beteiligte sind ein Spiegel der Bevölkerung

Der Präsident des Landgerichts Marburg, Marcus Wilhelm, erklärt: 'Die Beteiligten an Verhandlungen vor dem Landgericht sind ein Spiegel der Bevölkerung, also manifestieren sich in Gerichtskultur jegliche Änderungen im gesellschaftlichen Diskurs'. Er hat keine Einblick in besonders disrespectvolle Verhaltensweisen gegenüber dem Gericht. 'Der überwältigende Teil der Zeugen versucht weiterhin, durch ihre Anwesenheit und Teilnahme an der Wahrheitsermittlung beizutragen'. Wilhelm weist darauf hin, dass es keine statistische Aufzeichnung von Abwesenheiten und Besonderheiten im Verhandlungsverlauf gibt. "

  1. Der Richter in Wiesbaden äußerte Besorgnis über die wachsende Unerachtsamkeit gegenüber Richtern in Hessen, wobei es Vorfälle gab, dass Zeugen nicht aufgerufen haben, was zu Spannungen im Rechtsstaat und der Gerechtigkeit geführt hat.
  2. Der Familiensrichter in Frankfurt merkte eine Steigerung der grundsätzlichen Unerachtsamkeit, nicht nur gegenüber Richtern, sondern auch gegenüber Gerichtsangestellten auf. Er unterstrich den Rückgang des gegenseitigen Respekts als potenziellen Auslöser.
  3. Der Präsident des Landgerichts in Marburg erkannte ein, dass die Gerichtskultur der gesellschaftlichen Diskussion entspricht, aber betonte, dass die Mehrheit der Zeugen und anderer Beteiligter weiterhin auf die Wahrheitsfindung hinarbeiten und respektvolle Verhaltensweisen während der Gerichtsverhandlungen aufrechterhalten.

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