Religionsstudie prognostiziert Welle von Kirchenaustritten
„Wie stehen Sie zur Kirche?“ Dies ist die Hauptfrage der ersten gemeinsam von Protestanten und Katholiken durchgeführten „Kirchenmitgliederbefragung“. Die Antwort ist für keine Kirche ermutigend; vielmehr sieht der Autor einen „Wendepunkt“ kommen.
Bis 2040 wird sich die Zahl der Christen in Deutschland aufgrund von Kirchenaustritten halbieren. Neueste. Das ist die Diagnose der „Kirchenmitgliederbefragung“ (KMU), die die Evangelische Kirche Deutschlands seit 1972 alle zehn Jahre durchführt und an der erstmals auch die katholische Kirche teilnimmt.
Die Prognose basiert auf einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa mit 5.252 Befragten. Damit wird die Kirchenmitgliedschaft 20 Jahre über den Prognosen einer Studie der Universität Freiburg aus dem Jahr 2019 liegen. Früher galt es als Grundlage der Arbeitsweise vieler kirchlicher Institutionen. Allein im Jahr 2022 traten 380.000 Protestanten und 522.000 Katholiken aus der Kirche aus. Die Umfrage deutet darauf hin, dass sich dieser Trend wahrscheinlich weiter verstärken wird, so die Autoren. Die Kirche stehe vor einem „Wendepunkt“, der „in den kommenden Jahren zu erheblicher Instabilität und schädlichen Abrissen führen könnte“. SME sieht „möglicherweise schnellere Dynamik in der katholischen Kirche“.
Für viele Katholiken ist die Verbindung zur Kirche mittlerweile geschwächt. Neuen Untersuchungen zufolge haben nur 27 Prozent der katholischen Kirchenmitglieder einen Kirchenaustritt ausgeschlossen. Unter den evangelischen Kirchenmitgliedern gaben 35 Prozent an, unbedingt in der Kirche bleiben zu wollen. Während Protestanten vor allem Apathie gegenüber Religion und Kirche als möglichen Austrittsgrund sehen, spielt für Katholiken „Wut und Zorn auf die eigene Kirche“ eine größere Rolle. Allerdings würden zwei Drittel der Befragten nicht austreten, wenn „die Kirche einer radikalen Reform unterzogen würde“. Der wichtige Punkt hierbei ist die Abschaffung des Zölibats. 95 % der offiziell registrierten Katholiken und 89 % der gläubigen („religiösen“) Katholiken befürworten die Erlaubnis, Priester zu heiraten.
Skandale wirken als Verstärker
Insgesamt zeigt SME, dass Religiosität und Kirchenzugehörigkeit in der Gesellschaft zurückgehen, Kirchen als religiöser Ort jedoch immer noch wichtig sind. „Wer heute in Deutschland religiös ist, ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch im Kontext einer Kirche religiös.“ Der Rückgang der kirchlichen Verbindungen sei zum einen auf einen allgemeinen Vertrauensverlust in Institutionen aller Art zurückzuführen, zum anderen aber auch auf eine kirchliche Bindung zu einem Rückgang der Religiosität. Andere Faktoren, wie zum Beispiel konkrete Kirchenskandale, sind dem untergeordnet und verstärken ihn bestenfalls.
Geschlechtsspezifische Unterschiede, die es einst bei der Religions- und Kirchenzugehörigkeit gab, sind mittlerweile fast vollständig verschwunden. Insgesamt hat die Religiosität in Deutschland von Generation zu Generation abgenommen. Umfragen zeigen, dass besonders benachteiligte Gruppen der Gesellschaft zunehmend den Kontakt zur Kirche verlieren.
Quelle: www.ntv.de