Am Freitag billigte der Bundesrat in Deutschland ein neues Gesetz zur Einwanderung, das darauf abzielt, den Einwanderungsprozess für qualifizierte Fachkräfte – Nicht-EU-Bürger, die nach Deutschland kommen möchten, zu vereinfachen.
Qualifizierte Fachkräfte wollen nicht nach Deutschland ziehen
Das neue Gesetz wird eine Reihe von bürokratischen Hürden abbauen, einschließlich der Möglichkeit für Einwanderer, selbst dann einzureisen, wenn ihre berufliche Qualifikation nicht den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes entspricht, und wird Personen mit nicht anerkannten beruflichen Qualifikationen die Einreise ermöglichen, wenn sie Berufserfahrung nachweisen können und ein Jobangebot in Deutschland haben. Es wird auch ein neues Visum für Arbeitssuchende auf Grundlage eines Punktesystems einführen.
Die Bundesregierung hofft, dass diese Reform, die nach Angaben eines Sprechers des deutschen Innenministeriums im März 2024 in Kraft treten wird, jährlich etwa 130.000 zusätzliche Arbeitskräfte anziehen wird.
Eine kürzlich von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit durchgeführte Studie ergab jedoch, dass nicht nur die Gesetzgebung ausländische Arbeitnehmer davon abhält, nach Deutschland zu ziehen.
Hindernisse: Deutsche Sprache und lange Wartezeiten für Visa
Im Gegenteil, etwa die Hälfte der OECD-Umfrageteilnehmer nannte die deutsche Sprache als das Hauptproblem, ebenso wie lange Wartezeiten für Visa und komplexe Einwanderungsverfahren. Fast ein Drittel der Befragten berichtete von Schwierigkeiten bei der Einreise nach Deutschland und viele gaben an, nicht zu wissen, wo sie Stellenanzeigen finden könnten.
Nur etwa die Hälfte der Befragten gab an, dass sie einen positiven Eindruck von der deutschen Einwanderungsregelung haben.
Qualifizierte Fachkräfte: vier Prozent Erfolg
Im Rahmen der Studie, deren Ergebnisse letzte Woche veröffentlicht wurden, befragten OECD-Forscher zwischen Sommer 2022 und Frühjahr 2023 etwa 30.000 ausländische Arbeitnehmer, die Interesse daran bekundet hatten, über das offizielle staatliche Portal “Make it in Germany” in Deutschland zu arbeiten.
Zu Beginn der Studie gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, fest entschlossen zu sein, nach Deutschland zu ziehen, und acht von zehn hatten bereits Vorbereitungsmaßnahmen wie das Erlernen der deutschen Sprache oder die Suche nach Arbeit begonnen.
Allerdings kamen nach einem halben Jahr nur 4% der Befragten nach Deutschland. Die überwiegende Mehrheit lebt weiterhin im Ausland: Die meisten der Befragten kommen aus Indien, der Türkei, Kolumbien und den Philippinen. Fast drei Viertel von ihnen haben einen Hochschulabschluss, und fast die Hälfte arbeitet in Berufen, die derzeit in Deutschland unter Fachkräftemangel leiden.
Unter denen, die während des untersuchten Zeitraums nach Deutschland gekommen sind, hat sich die Begeisterung für das Land nach ihrer Ankunft verringert. Nur etwa ein Drittel der Befragten betrachtet Deutschland als ein Land, das Einwanderer “bedingungslos” aufnimmt, während 45% angaben, sich “teilweise” willkommen zu fühlen.
Das beste Gesetz ist nutzlos, wenn es nicht umgesetzt werden kann
Inwieweit das neue Gesetz zur qualifizierten Einwanderung die Einwanderung in der Praxis wirklich vereinfachen und beschleunigen wird, ist noch unbekannt. Einer der führenden Forscher, Thomas Liebig, bemerkte, dass selbst das beste Gesetz nutzlos ist, wenn es nicht umgesetzt werden kann.
Zusätzlich zur Verabschiedung des Gesetzes hat die Bundesregierung Pläne zur Digitalisierung der Verwaltungsverfahren entwickelt, um den Einwanderungsprozess zu beschleunigen. Bisher wurde jedoch in dieser Hinsicht nur geringer Fortschritt erzielt, und in vielen Regionen des Landes kämpfen Einwanderungsbehörden mit einer großen Anzahl von angesammelten Fällen und paradoxerweise einem Personalmangel.
In der zentralen Ausländerbehörde in Berlin (Landesamt für Einwanderung) gibt es zahlreiche Berichte darüber, dass ausländische Fachkräfte fünf bis sechs Monate oder länger auf einen Termin warten. Laut dem regionalen Nachrichtenagentur rbb24 gibt es derzeit 10.000 unbeantwortete Briefe in der Behörde.
Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die im Februar dieses Jahres veröffentlicht wurde, gab es in der Münchner Ausländerbehörde 25.000 Briefe und in Stuttgart 15.000.
Infolgedessen kann der Einwanderungsprozess für qualifizierte Fachkräfte laut Steffen Sottung, dem Geschäftsführer für internationale Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit, ein bis drei Jahre dauern.