Die Berliner Polizei ist von der schnellen und massiven Mobilisierung zu der zunächst nicht verbotenen palästinensischen Demonstration am Sonntagabend offenbar überrascht worden. «Die Polizei und ich hätten gerne diese unerträglichen Bilder verhindert am Potsdamer Platz», sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag im Innenausschuss. Erst im Lauf des Sonntagnachmittags sei in der Community intensiv über das Internet und die Chatkanäle für die eigentlich kleine Demonstration zum Israel-Konflikt geworben worden. Dann habe es einen heftigen Zustrom von Menschen zum Potsdamer Platz gegeben, woraufhin die Polizei die bis dahin nicht untersagte Demonstration dann doch verboten habe.
Gleichzeitig seien aber 500 Demonstranten am Potsdamer Platz angekommen, sagte Slowik. Schell waren es dann mehr als 1000 Demonstranten. Eine erfahren Polizistin habe gesagt, eine solche Dynamik des Zustroms habe sie noch nie erlebt. Berlin habe eben eine sehr große «gewachsene palästinensische und arabische Community», sagte Slowik. «Es gibt in Berlin Stadtteile, das ist auch richtig so, die eine große Community haben, die vielleicht größer ist als manche Stadt in Deutschland.»
Wasserwerfer aufgefahren, aber nicht eingesetzt
Die Polizei habe dann versucht, die Demonstration aufzulösen, auch mit Reizgas und dem Einsatz von Schlagstöcken. Wegen der aggressiven Stimmung sei ein Wasserwerfer zu der Demonstration gefahren. Wegen der Gefahr der Eskalation und auch weil viele Kinder und Kinderwagen dort waren, sei er nicht eingesetzt worden. Rund 800 Polizisten seien im Einsatz gewesen, 24 seien verletzt worden. 155 Demonstranten seien festgenommen worden. Die Polizei habe 80 Strafanzeigen gestellt. Dazu kämen 68 Ordnungswidrigkeiten wegen Verstößen gegen das Demonstrationsrecht.
Senatorin: Viele arabische Familien haben nichts zu tun mit Hamas
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) betonte: «Wir haben viele arabischstämmige Familien in der Stadt, die nichts mit der Hamas zu tun haben wollen. Das dürfen wir nicht vergessen.» Sie würden auch Signale geben, dass sie versuchen, einzuwirken gegen extremistische Bestrebungen. Spranger betonte: «Wir müssen in Kitas und Schulen massiv Aufklärung betreiben.»
Seit dem Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober mit Hunderten Toten kam es in Berlin immer wieder zu pro-palästinensischen Demonstrationen, bei denen einige Teilnehmer die Hamas bejubelten. Zudem wurden anti-israelische Schmierereien und Davidsterne an Häusern entdeckt. Jüdische Berliner sorgen sich um ihre Sicherheit.
Wegen befürchteter extremistischer Äußerungen erließ die Polizei Demonstrationsverbote. Trotzdem versammelten sich am Wochenende immer wieder pro-palästinensische Gruppen, unter anderem in Neukölln. Am Samstagabend wurden teils sehr laute Böller gezündet und Slogans wie «Free Palestine» skandiert. Die Polizei schritt immer wieder ein und setzte einige Personen zeitweise fest.