Mögliche Gefährdungen des Kindeswohls werden in niedersächsischen Kindertagesstätten zunehmend gemeldet. Im Jahr 2022 seien beim Landesjugendamt 393 Meldungen eingegangen, teilte das für Schule und Bildung zuständige Landesamt des Landes Lüneburg mit. Dies ist ein Anstieg von 63 Fällen im Vergleich zum Vorjahr und mehr als das Doppelte der 153 im Jahr 2017 gemeldeten Fälle.
Statistiken erfassen beispielsweise körperliche Züchtigungen wie Schlagen, Kneifen und Ziehen. sowie Isolation und Kinderarrest, Zwangsernährung, verbaler Missbrauch oder sexuelle Übergriffe. Außerdem gab es 93 Fälle von Übergriffen zwischen Kindern aufgrund mangelnder Aufsicht und Aufklärung.
Es gab 49 Anzeigen über körperliche Züchtigung durch Kindertagesstättenpersonal und 68 Verstöße gegen die Aufsichtspflichten. Laut Statistik gab es 25 Meldungen über psychische oder verbale Angriffe von Mitarbeitern durch Anschreien oder Erschrecken sowie 27 Meldungen über sexuelle Übergriffe von Mitarbeitern. Insgesamt erfolgten 34 Meldungen, meist von Eltern oder Dritten. Einzelne Fälle können in Statistiken aus mehreren Bereichen auftauchen.
Für das Jahr 2023 liegen dem Landesamt noch keine Daten vor. Ein Sprecher sagte jedoch, dass die Zahlen voraussichtlich wieder steigen würden.
Bei der Beurteilung der Entwicklung ist zu berücksichtigen, dass auch die Zahl der Kindertagesstätten in Niedersachsen seit 2017 deutlich gestiegen ist. Nach Angaben des Kultusministeriums gab es noch 5.243 Kindertagesstätten, im vergangenen Jahr waren es 5.802 (ein Plus von 11 %).
Auch die Zahl der betreuten Kinder und die Zahl der Fachkräfte stiegen in diesem Zeitraum. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums erklärte: „Dieser Anstieg erhöht natürlich auch die Möglichkeit eines Anstiegs der absoluten Zahl der Verdachtsfälle.“
Das Gesundheitsministerium vermutet außerdem, dass seit der Verabschiedung eines Gesetzes Die Sorge um das Wohlergehen der Kinder hat zugenommen und das Bewusstsein für Bedrohungen ist gestiegen. Ab 2021 treten verstärkte Maßnahmen für Kinder und Jugendliche in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen Tagespflegepersonen Gewaltschutzkonzepte entwickeln, anwenden und regelmäßig überprüfen. Es sei davon auszugehen, dass auch die Anbieter sich der Notwendigkeit bewusst seien, Gefährdungen des Kindeswohls zu melden, sagte der Sprecher.
Die Corona-Welle von 2020 bis 2022 war jedoch nicht die Ursache. Obwohl die Statistik auch meldepflichtige Krankheiten umfasst, ist der Anstieg immer noch groß. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums werden COVID-19-Infektionen in einem separaten System erfasst.