Die Abgeordneten des neuen spanischen Parlaments sind dreieinhalb Wochen nach der vorgezogenen Wahl vom 23. Juli erstmals zusammengetreten. In der konstituierenden Sitzung des Unterhauses sollte am Donnerstag in Madrid unter anderem der neue Präsident des Congreso de los Diputados gewählt werden. Als chancenreichste Kandidatin galt die frühere Regierungschefin der Region Balearen, Francina Armengol, von der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sánchez.
Nach den konstituierenden Sitzungen des Unterhauses und des Senats werden die Gespräche zwischen den Parteien zur Bildung der neuen Regierung nächste Woche in die entscheidende Phase treten. König Felipe VI. wird als Staatsoberhaupt Konsultationen mit allen Parteien durchführen und irgendwann einen Kandidaten benennen.
Ausreichende Unterstützung dürfte auf beiden Seiten fehlen
Es wird allerdings eine lange politische Hängepartie befürchtet. Damit der von Felipe ernannte Kandidat im Unterhaus zum Ministerpräsidenten gewählt wird, ist in einer ersten Abstimmungsrunde eine absolute Mehrheit von mindestens 176 Stimmen nötig. In einer zweiten Runde reicht zwar eine einfache Mehrheit, doch weder Sánchez noch Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo haben nach aktuellem Stand ausreichend Unterstützung. Und eine Art «große Koalition» gilt als ausgeschlossen.
Die konservative Volkspartei PP von Feijóo hatte die Wahl am 23. Juli zwar klar als stärkste Kraft gewonnen, war mit 137 Sitzen aber hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Sein möglicher Koalitionspartner, die rechtspopulistische Vox, hatte zudem 19 Sitze eingebüßt und kommt nur noch auf 33 Sitze.
Sánchez könnte eine Regierungsbildung gelingen, wenn er sich neben anderen Regionalparteien auch auf ein Abkommen mit der Partei Junts des in Brüssel im Exil lebenden katalanischen Separatisten-Führers Carles Puigdemont einließe. Junts aber fordert unter anderem ein Unabhängigkeitsreferendum, was Sánchez ablehnen dürfte. Sollte es weder Sánchez noch Feijóo gelingen, eine Regierung zu bilden, müsste es wohl zum Jahresende oder spätestens Anfang kommenden Jahres eine weitere Parlamentswahl geben.