Eine schon seit Jahrtausenden von Menschen genutzte Technologie kann helfen, den Klimawandel zu begrenzen. In Grevesmühlen (Nordwestmecklenburg) wurde am Donnerstag offiziell eine Anlage in Betrieb genommen, die Holz- und andere Pflanzenreste mittels hohen Drucks und Hitze zu sogenannter Pflanzenkohle umwandelt. Das Verfahren gleicht der Herstellung der Holzkohle. Da das Produkt aber nicht verbrannt, sondern als Humusbilder und Wasserspeicher auf Felder ausgebracht wird, kann auf diesem Wege klimaschädliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt werden. Die bei dem Pyrolyse genannten Prozess entstehende Wärme wird in Grevesmühlen in das Fernwärmenetz eingespeist.
«Eine innovative Lösung, um Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen, so die Erderwärmung zu begrenzen und gleichzeitig ein wirtschaftliches Geschäftsmodell umzusetzen», würdigte Wirtschaftsstaatssekretär Jochen Schulte (SPD) das Projekt.
Das Hamburger Jungunternehmen Novocarbo GmbH hatte in Grevesmühlen eine weitere Anlage errichtet, nach eigenen Angaben die bislang größte des Startups. «Unsere Carbon Removal Parks können klimaneutrale Wärme erzeugen und gleichzeitig CO2 aus der Atmosphäre entziehen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens», erklärte Novocarbo-Geschäftsführer Caspar von Ziegner. Nach seinen Angaben können mit der Anlage in Grevesmühlen der Atmosphäre pro Jahr etwa 3200 Tonnen CO2 entzogen und 1700 Tonnen Pflanzenkohle produziert werden.
Gemeinsam mit den Stadtwerken Grevesmühlen werde zudem die Wärmewende vorangetrieben. Wie Jens Wilms von den Stadtwerken sagte, kann mit der Abwärmenutzung weiter Erdgas eingespart werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien bei der Versorgung von rund 1800 angeschlossenen Haushalten steige so von 60 auf 75 Prozent, hieß es. Zum Wirkungsgrad wurden keine Angaben gemacht.
Nach Angaben Schultes wurde die Kooperation zwischen der Hamburger Novocarbo und den Stadtwerken Grevesmühlen in diesem Jahr mit dem Nachhaltigkeitspreis der Zeitung für kommunale Wirtschaft ausgezeichnet. «Neben einer regenerativen Stromversorgung ist vor allem auch der Versorgungsausbau mit erneuerbarer Wärme von zentraler Bedeutung für das Gelingen der Energiewende», betonte Schulte.
Auch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sieht in der Herstellung von Pflanzenkohle eine Möglichkeit den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu begrenzen. Pflanzen binden bei ihrem Wachstum CO2 aus der Luft. Stirbt die Pflanze, wird sie biologisch zersetzt und der aufgenommene Kohlenstoff kehrt als CO2 zurück in die Atmosphäre. Dieser natürliche Kreislauf könne im Sinne des Klimaschutzes durch die Nutzung der Pyrolyse unterbrochen werden. Die so erzeugten molekularen Strukturen könnten über Jahrhunderte stabil in Böden verbleiben und würden nur sehr langsam wieder freigesetzt, heiß es.