Der E-Bike-Boom ist ungebrochen. «In diesem Jahr ist erstmals zu erwarten, dass der Anteil der Pedelecs den der Räder ohne E-Antrieb übersteigt», sagt der hessische Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, Ansgar Hegerfeld. Im vergangenen Jahr hätten Elektroräder bereits einen Marktanteil von 48 Prozent gehabt. Aktuell könnten Käufer auf gute Preise hoffen. «Die Lager sind voll. Die Händler bieten Rabatte, um sie vor Weihnachten zu leeren.»
Eine gute Möglichkeit, höherwertige Räder zu erschwinglichen Konditionen zu bekommen, seien auch Leasing-Modelle sowie der Kauf von professionell aufbereiteten gebrauchten E-Bikes, den sogenannten refurbished E-Bikes, erläutert Hegerfeld. «Besonders beim Leasing ist die Nachfrage hoch. Immer mehr Unternehmen bieten das Dienstrad an.»
Das bestätigt auch Luisa Petrak von dem Anbieter Bikeleasing-Service. Das 2015 gegründete Unternehmen mit Sitz im nordhessischen Vellmar (Landkreis Kassel) hat nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 40 000 Unternehmen mit insgesamt mehr als 2,6 Millionen Mitarbeitern als Kunden. «Das Jahr 2023 könnte sogar zu einem Rekordjahr für geleaste Fahrräder und E-Bikes werden.» Mit einem um 24 Prozent gestiegenen Anschaffungswert im ersten Quartal 2023 setze sich der Trend vergangener Jahre fort. Seit 2019 hat sich der Umsatz der Branche laut Petrak vervierfacht.
Treiber der Nachfrage sei auch die Corona-Pandemie gewesen. Zudem kurbelten die hohen Spritpreise den Markt an: «Vor allem im urbanen Raum sind viele Menschen vom Auto aufs Rad umgestiegen, die noch diesen kleinen Anstoß brauchten», sagt Petrak.
Beim Dienstrad-Leasing least der Arbeitgeber, ähnlich wie beim klassischen Dienstwagen, ein Fahrrad oder E-Bike und überlässt es dem Arbeitnehmer zur Nutzung. Die Leasingraten werden aus dem Bruttogehalt des Arbeitnehmers bedient.
Das Unternehmen mit weiteren Standorten im niedersächsischen Uslar und im österreichischen Innsbruck beschäftigt aktuell 200 Mitarbeiter, davon rund 50 in Vellmar, dem Sitz der Versicherung und Schadensbearbeitung.
Eine Alternative zum neuen E-Bike können auch gebrauchte und wieder aufbereitete Pedelecs sein, wie sie etwa der Kemptener Händler Rebike anbietet. «Jedes E-Bike durchläuft hier einen komplett digital erfassten Prozess mit 140 Schritten – von der Reinigung über den Akku- und Motorcheck, der Reparatur durch ausgebildete Zweiradmechaniker bis hin zur Qualitätskontrolle», erklärt Co-Gründer und Geschäftsführer Thomas Bernik.
Nach eigenen Angaben betreibt Rebike im bayerischen Kempten Europas größtes Refurbishment-Center für E-Bikes. Verkauft werden sie online und in den Filialen des rund 100 Mitarbeiter zählenden Unternehmens in Frankfurt und München. Zudem betreibt Rebike Verleihstationen für E-Bikes in Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf.
Die gebrauchten E-Bikes seien größtenteils Rückläufer aus den Dienstrad-Leasingverträgen oder dem Rebike-Mietportal ebikeabo.de. «Diese Räder sind meist nur zwischen ein und drei Jahre alt und werden von uns als «junge Gebrauchte» bezeichnet», erläutert Bernik. «E-Bikes direkt von Privatleuten oder aus unklarer Herkunft kaufen wir generell nicht an.»
Bislang ist der Anteil gebrauchter Pedelecs am Gesamtmarkt laut Bernik noch sehr gering. «Schätzungen liegen im einstelligen Prozentbereich – denn bislang gibt es außer Privatverkäufen ja so gut wie keinen professionellen Gebrauchtmarkt, wie wir ihn zum Beispiel vom Kfz-Markt kennen». Rebike erwartet aber ein deutliches Wachstum. «Wir haben unsere Kapazitäten jährlich ungefähr verdoppelt und bereiten in unserem Refurbishment Center dieses Jahr circa 10 000 E-Bikes auf», sagt Bernik. Im kommenden Jahr plane man mit der doppelten Anzahl. «Hier liegt großes Potenzial für Kunden, Umwelt und die Verkehrswende. E-Bikes müssen einfacher und günstiger zugänglich werden.»