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Nach Rassismus-Vorwürfen: Familie verlässt Lausitz

Nach Vorwürfen rassistischer Anfeindungen und Bedrohungen gegen eine Familie in dem Lausitz-Ort Lieberose hat die Polizei mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet. «Wir müssen aufhellen, was sich zugetragen hat», sagte die Sprecherin der Polizeidirektion Süd, Ines Filohn, am Samstag. Eine Mutter aus Bosnien mit vier Kindern verließ nach eigenen Angaben wenige Tage nach ihrem Umzug nach Lieberose aus Angst vor rassistischen Angriffen den kleinen Ort, 30 Kilometer von Cottbus entfernt, wieder.

Die umfangreichen Ermittlungen mit der Vernehmung von Beteiligten und Zeugen dauerten an, sagte die Polizeisprecherin. Ermittelt wird laut Polizei gegen eine Gruppe junger Männer und einen 45-jährigen Mann, aber auch gegen zwei Mitglieder der Familie.

Die Frau, die im Juli von Berlin in den 1300-Einwohner-Ort Lieberose gezogen war, berichtete am Freitagabend in der RBB-«Abendschau» von aggressiven Bedrohungen: Ein Mann soll demnach am späten Abend des 28. Juli gegen die Fensterscheibe der Wohnung geschlagen haben, Naziparolen gegrölt und den Hitlergruß gezeigt haben. Sie sei aufgefordert worden, ihre «Sachen zu packen». Gegen einen 45-Jährigen ermittelt die Polizei wegen dieser Vorwürfe wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Zudem soll eine minderjährige Tochter der Frau von einer Gruppe junger Männer am Marktplatz von Lieberose rassistisch beleidigt worden sein, wie die Polizeisprecherin sagte. Es gebe auch den Vorwurf, dass es zu einem Angriff mit einer Kette oder Fahrradschloss gekommen sein soll. Die Polizei ermittele gegen sechs Personen der Gruppe wegen Bedrohung, Beleidigung und Verdachts der Körperverletzung. Beamte forderten die Männer bei Gefährderansprachen auf, sich von Familie fernzuhalten.

Zu der Auseinandersetzung auf dem Marktplatz zwischen Angehörigen der Familie und einer Gruppe von Jugendlichen gibt es laut Polizei aber unterschiedliche Aussagen, die überprüft werden. Die Polizei-Sprecherin sagte, der Vater der Familie solle auf den Marktplatz zu der Gruppe gelaufen und übergriffig geworden sein. Gegen ihn und ein weiteres Familienmitglied werde ermittelt, es geht um den Verdacht der Körperverletzung. Zudem sollen zwei junge Männer aus der Gruppe am Marktplatz auch geschildert haben, sie hätten sich bei der Tochter der Frau entschuldigt, wie Filohn sagte.

Die Familie, die wieder zurück nach Berlin zog, wird angesichts der Rassismus-Vorwürfe vom Verein Opferperspektive begleitet – eine Beratungsstelle für Betroffene von rechter Gewalt. Der Berater des Vereins, Martin Vesely, sagte der dpa, er halte die Schilderungen der Familie für glaubwürdig. Die Mutter habe in Berlin keine bezahlbare Wohnung gefunden und sei daher nach Lieberose gegangen. Der Verein Opferperspektive hatte die Vorwürfe zuerst öffentlich gemacht.

Eine Sprecherin des Innenministeriums in Potsdam sagte der dpa am Samstag, Innenminister Michael Stübgen (CDU) verurteile jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sowie die Vorfälle in Lieberose. Die Ermittlungen müssten erst einmal abgewartet werden.

Die Zahl politisch motivierter rechter Straftaten in Brandenburg stieg im ersten Halbjahr dieses Jahres nach vorläufigen Zahlen deutlich. Von Januar bis Juni sind laut Innenministerium 1049 Fälle gezählt worden. Das ist ein Anstieg von einem Drittel im Vergleich zum Jahr zuvor, als 789 Fälle registriert wurden. Cottbus gilt als Schwerpunkt des Rechtsextremismus. Nach Ansicht der Entwicklungsgesellschaft Wirtschaftsregion Lausitz liegt darin eine der größten Gefahren für die ökonomische Entfaltung der Region.

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