Modeikone Jil Sander wird 80
Einzigartige Schönheit, ein Gespür für Mode und unglaubliche harte Arbeit: Diese Fähigkeiten haben dazu geführt, dass die Hamburger Modedesignerin Jil Sander gefeierte Modenschauen ziert und ihren Weg in anspruchsvolle Kleiderschränke auf der ganzen Welt gefunden hat.
Die 1943 in der Nähe von Wesselbülen (Schleswig-Holstein) als Heidemarie Jiline Sander geborene Designerin revolutionierte in den 1980er und 1990er Jahren mit ihrem Purismus die Damenmode. Seine einfache und bequeme Schneiderkunst, hochwertige Blazer, Hemden und Hosen, beeinflusst von der Herrenmode, prägten den Stil moderner Frauen, die in Europa und im Ausland nach Unabhängigkeit strebten. Auch bei Accessoires und Kosmetik setzt es Maßstäbe.
Die von ihr gegründete Marke, die ihren Namen trägt, lebt noch heute weiter und inspiriert Menschen. Obwohl sie im Jahr 2000 nicht mehr zu Jil Sander gehörte, arbeitete sie noch fünf Jahre lang für sie. Der gebürtige Hamburger hat während seines bemerkenswerten Aufstiegs erhebliche Widrigkeiten überwunden.
Heute (27. November) feiert die diskrete, erfolgreiche Frau, die in der Nähe von Plen, Hamburg, Berlin, Gstaad (Schweiz) und Ibiza (Spanien) lebt, ihren 80. Geburtstag. Wo und wie sie dies tun wird, ist unklar. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa verriet sie nur eines: „Ich vergesse diesen Geburtstag gerne und mache einen Ausflug.“
Jil Sander und ihre Marke sind bis heute bekannt und haben die Modewelt stark beeinflusst. Bisrat Negassi, Leiterin der Mode- und Textilsammlung des Museums für Kunst & Gewerbe in Hamburg, sagte, Jil Sander, die Erfinderin der „Zwiebelform“, sei die international erfolgreichste deutsche Designerin. „Mit klaren Linien und äußerst raffiniertem Schnitt kreiert sie eine intellektuelle Mode, die sowohl zurückhaltend als auch hochwertig ist.“
«Mädchenkönigin»
Jil Sander wuchs mit ihrer Mutter und ihrem zweiten Ehemann auf, nachdem sie zwei Jahre lang in Heide (Schleswig-Holstein) gelebt hatte, der Hansestadt, die zu ihrer einzigartigen Karriere wurde, die ihr das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1996) und die Persönlichkeit einbrachte Auszeichnung, den German Design Award (2018) und den Ehrentitel „King of the Young“. Im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt am Main fand 2017 die erste große Einzelausstellung von Jil Sander statt.
Aber es war Sander, die es zuerst in die weite Welt zog, als die junge Frau mit ihren nachlässig gestylten blonden Locken und einem ausgeprägten Interesse an Kleidung seit ihrer Kindheit ihre norddeutsche Heimat zum ersten Mal verließ. „Als ich sechs Jahre alt war, legte ich großen Wert auf Kleidung und gab meiner Familie Ratschläge, wie sie sich kleiden sollte“, sagte Sander dem People-Magazin Gala. Sie besuchte das National Institute of Textile Engineering in Krefeld (Nordrhein-Westfalen) und das University College Los Angeles (USA). Anschließend arbeitete sie bei der Frauenzeitschrift McCalls in New York.
Zwei Jahre später kehrte Jil Sander 1963 als Moderedakteurin der Zeitschriften Constanze und Petra nach Hamburg zurück. Mit 24 Jahren verkaufte sie ihren Volkswagen Käfer, um im aufstrebenden Stadtteil Pursseldorf eine schwarze Boutique zu eröffnen. Doch als aufstrebende Geschäftsfrau scheiterte ihre Idee, in Indien gut gestaltete Mode herzustellen und zu demokratischen Preisen zu verkaufen. Jil Sander änderte daraufhin ihre Einstellung radikal.
Verbindung zum Bauhaus
Neben den Entwürfen Pariser Luxusdesigner wie Sonia Rykiel brachte sie ab 1973 auch eigene Mode auf den Markt. „Vielleicht ist es ‚Damenbekleidung‘, die mich irritiert, weil Männer ganz andere, praktischere Dinge tragen dürfen. Ich bin neidisch auf sie“, sagt die Designerin von „Gala“. Sie setzt auf dezente, funktionale Farben in speziell entwickelten technischen Stoffen, Wolle, Kaschmir, Seide und Leinen. „Wenn die äußeren Bedingungen stimmen, werden die inneren Qualitäten gestärkt“, sagte sie immer.
Sander fühlte sich mit dem Bauhaus verbunden. Damit widersprach sie dem zeitgenössischen Modegeschmack, der farbenfrohe und dekorative Dinge bevorzugte. „Ich kenne und bewundere Jil Sander, sie ist eine besonders leidenschaftliche Designerin“, sagt ihre Hamburger Kollegin und „Kaschmirkönigin“ Iris von Arnim.
Mit einer lukrativen Parfümlizenz konnte Sander die frühen finanziellen Schwierigkeiten überwinden. Sie arbeitete mit dem Kosmetikhersteller Beecham zusammen, um eine Reihe von Düften und Pflegeprodukten auf den Markt zu bringen, und nutzte ihr Gesicht, um für die Produkte zu werben, wodurch sie für ihre Persönlichkeit bekannt wurde. Damals wurden gleichzeitig „Woman Pure“ und „Men Pure“ auf den Markt gebracht.
In den 1980er Jahren, als Mode erhaben war, präsentierte Sander ihre Kollektion auf einer großen internationalen Pressekonferenz in Mailand. Von 1983 bis 1985 war sie außerdem Professorin für Mode an der Universität für angewandte Kunst in Wien – Nachfolgerin von Karl Lagerfeld. 1989 brachte sie das Unternehmen an die Börse und wurde CEO.
Globaler Erfolg
Die Flagship- und Franchise-Stores von Jil Sander sind auf der ganzen Welt vertreten, unter anderem in Tokio, Hongkong und Taipeh. In den 1990er Jahren entwickelte sie eine Herrenkollektion, die bald 20 % zum Umsatz der Gruppe beitrug. Nach mehreren erfolgreichen Jahren gründete der gebürtige Hamburger 1999 ein Joint Venture mit der italienischen Prada-Gruppe. Später verkaufte sie ihre Mehrheitsbeteiligung für angeblich 275 Millionen Mark an einen Partner.
2003 übernahm sie erneut Designaufgaben für ihr gleichnamiges Unternehmen, das unter Prada defizitär wirtschaftete. Sander hat es erneut geschafft. Doch 2004 trennte sie sich von Prada-Chef Patrizio Bertelli und übernahm 2012 zum letzten Mal die Designrechte von Jil Sander.
Diesmal bekam auch Sander viel Anerkennung. Nach eigenen Angaben lehnte die gebürtige Hamburgerin nur ein Jahr später aus persönlichen Gründen zum letzten Mal die nach ihr benannte Marke ab. 2014 starb ihre Partnerin Angelica „Dicky“ Mommsen im Alter von 72 Jahren an Krebs. Sander lebte auch mit ihr auf dem Gut Ruleben bei Plen (Schleswig-Holstein).
Zu den Hobbys des Modedesigners, der noch nie Schmuck getragen hat, gehören Gartengestaltung und das Sammeln zeitgenössischer Kunst. Sander spielt auch Golf und genießt Wandern und Fahren.
Quelle: www.dpa.com