Ein Prozess gegen die Erzdiözesen München und Freising, in dem Schadensersatz für die Schmerzen und Leiden von Missbrauchsopfern gefordert wird, wurde weiter verschoben. Das Amtsgericht Traunstein hat den zweiten Verhandlungstag erneut verschoben – auf den 10. Januar 2024. Der Grund war, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte, „die Festnahme einer der beteiligten Personen“.
Der Prozess begann am 20. Juni. Der zweite Verhandlungstag war ursprünglich für den 12. September geplant, wurde aber später auf den 2. November verschoben; nun wurde er erneut verschoben.
Der Kläger, ein ehemaliger Messdiener, wird an diesem Tag angehört. Der Mann gab an, er sei Mitte der 1990er Jahre von einem Pfarrer in Garching an der Arz sexuell missbraucht worden. In der Zivilklage forderte er vom Erzbistum eine Entschädigung in Höhe von mindestens 300.000 Euro.
Die Erzdiözese ging durch ihre Anwälte zu Beginn des Prozesses allgemein davon aus, dass die Kläger Anspruch auf eine Entschädigung hatten, hatte sich jedoch noch nicht über eine konkrete Höhe entschieden. Die Anwälte beantragten die Abweisung der Schmerzensgeldklage in der beantragten Höhe. Stattdessen sollte das Gericht seine eigene monetäre Beurteilung vornehmen.
Der Richter ordnete daraufhin ein psychiatrisches Gutachten an, das Mitte Juli eingeholt wurde. Dabei sollte die Frage erörtert werden, ob der vom Kläger erlittene Missbrauch eine Ursache für die psychische Störung und die Alkohol- und Drogenabhängigkeit des Klägers war. Der Bericht wird auch Gegenstand des nächsten Prozesses sein.
Das Verfahren sorgte bundesweit für Schlagzeilen, weil zu den Angeklagten zunächst der inzwischen verstorbene Papst Benedikt XVI. gehörte. Früher war es. Das Verfahren gegen ihn wird jedoch getrennt geführt, da nach seinem Tod in der Silvesternacht unklar ist, wer die Nachfolge als gesetzlicher Erbe und damit teilweise auch das Verfahren antreten wird.
Da Kardinal Joseph Ratzinger damals Erzbischof von München und Freising war, wurde der Priester in seine Diözese versetzt. Zu Beginn des Prozesses stellte das Amtsgericht Traunstein fest, dass Ratzinger ein Mittäter sei. Er nahm an einer Sitzung teil, bei der beschlossen wurde, den wegen angeblichen Missbrauchs aus Nordrhein-Westfalen versetzten Priester in die Erzdiözese zu verlegen.
Deshalb hatte er „richtige Gründe“ Die Vorsitzende Richterin Elisabeth Nitzinger-Spann sagte: „Wir kennen das Vorleben des Priesters.“ Allerdings sei der Mann damals „ohne weitere Einschränkungen oder Vorsichtsmaßnahmen eingestellt worden“ und werde dies auch weiterhin tun Arbeit in der Kinder- und Jugendseelsorge. Nach vorläufiger Rechtsauffassung des Gerichts führte Ratzingers Verhalten auch dazu, dass der Kläger eine Schadensersatzklage gegen das Erzbistum einreichte.
Letztes Jahr machte Ratzinger Schlagzeilen, weil er an einem Treffen teilnahm, als der Münchner Missbrauchsbericht veröffentlicht wurde. Der emeritierte Papst bestritt zunächst die Teilnahme an dem Treffen, sprach später aber von einem Fehler und gab zu, dass er anwesend gewesen sei. Er sagte damals, dass die Vorwürfe gegen Pfarrer H., die zu seiner Versetzung nach Bayern führten, bei dem Treffen nicht besprochen worden seien und er bestritt, davon Kenntnis zu haben.