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Marineinspekteur findet Wehrpflicht-Debatte nicht abwegig

Wehrpflicht
Wehrpflichtige in der Grundausbildung auf einem Truppenübungsplatz.

Die Debatte über eine mögliche Rückkehr zu einer Wehrpflicht in Deutschland ist aus Sicht von Marineinspekteur Jan Christian Kaack keine Gespensterdiskussion. Er sei immer ein Anhänger der Wehrpflicht gewesen und in seiner über zweijährigen Tätigkeit in Norwegen darin bestärkt worden, sagte der Vizeadmiral der Deutschen Presse-Agentur.

«Ich glaube, dass eine Nation, die in diesen Zeiten auch resilienter werden muss, ein besseres Verständnis hat, wenn wir eine Durchmischung mit den Soldaten haben», so Kaack.

In Norwegen würden alle jungen Männer und Frauen gemustert. Das seien etwa 70.000 pro Jahr. Die Streitkräfte definierten dann, wie viele sie nehmen wollten – das seien rund 15.000 pro Jahr. «Während bei uns die Diskussion nur darüber geht, wie sollen wir denn 200.000 junge Menschen unterbringen. Das kann man auch anders regeln.» In Norwegen rede niemand über Wehrgerechtigkeit. Es sei weitgehend Konsens, dass diese jungen Menschen einmal in ihrem Leben etwas für den Staat tun könnten.

Kaack war von 2019 bis 2021 Kommandeur des Zentrums für gemeinsame Kriegsführung der Nato (Joint Warfare Centre) in Stavanger (Norwegen). Mit Blick auf die personellen Ressourcen der Bundeswehr sagte er: «Ich bin der festen Überzeugung, dass wir bei der zu erwartenden demografischen Entwicklung die Basis derer, die wir bewerben können, verbreitern müssen. Es ist nun mal Fakt, dass wir früher 70 Prozent unser Längerdiener aus der Wehrpflicht gezogen haben.»

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte die Aussetzung der Wehrpflicht durch die schwarz-gelbe Bundesregierung im Jahr 2011 jüngst als Fehler bezeichnet. FDP-Chef Christian Lindner erteilte jeder Diskussion um eine Rückkehr zur Wehrpflicht eine Absage und sprach von einer Gespensterdiskussion.

«Das Sondervermögen allein wird es nicht richten»

Kaack äußerte sich auch zu den finanziellen Rahmenbedingungen für die Bundeswehr. Ohne eine deutliche Aufstockung des Verteidigungsetats seien die Herausforderungen nicht zu bewältigen. Ein Großwaffensystem über das im vergangenen Jahr aufgelegte 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zu kaufen, sei wichtig, aber es müsse auch betrieben werden. Dafür müsse der Einzelplan 14 erhöht werde. «Kommt die Erhöhung des Verteidigungshaushalts nicht, dann war das Sondervermögen eine Palliativmaßnahme», warnte Kaack.

Nur das Sondervermögen und eine Erhöhung des Etats ergäben ein Gesamtbild für das angestrebte Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes – die Nato-Staaten haben sich in Friedenszeiten das Ziel gesetzt, ihre Verteidigungsausgaben auf etwa zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. «Das Sondervermögen allein wird es nicht richten», so Kaack. Notwendig seien auch schnelle Entscheidungen für Forschungsgelder, damit zukünftige Waffensysteme entwickelt werden könnten.

Er gehe davon aus, dass der Posten des Verteidigungsetats, der derzeit rund 50 Milliarden Euro pro Jahr vorsieht, erhöht werde. «Und wir machen unsere Projekte wasserdicht, damit sie sofort abholbereit sind, wenn Mittel fließen können», so der Marineinspekteur, der seit rund einem Jahr im Amt ist. Von der ursprünglichen Liste des Sondervermögens seien einige Projekte bei der Marine auf die Warteliste gesetzt worden. «Das hätte ich mir anders vorstellen mögen.»

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