Musik und Kultur inmitten des Schreckens des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Theresienstadt stehen im Mittelpunkt eines Multimediaprojekts des Jewish Chamber Orchestra (JCOM) in München. Herzstück der interaktiven Lernplattform sei die Aufnahme eines Werks des österreichisch-jüdischen Komponisten Viktor Ullmann, «Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke», teilte das JCOM am Montag in München mit. Der Musiker (1898-1944) hatte das Stück in Theresienstadt im heutigen Tschechien komponiert, kurz bevor er mit anderen Künstlern wie Pavel Haas oder Hans Krása nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde.
Das JCOM hat das Werk Ullmanns teilweise in den Räumen des ehemaligen Konzentrationslagers eingespielt. Sprecher ist Sabin Tambrea («Ku’damm 63»), der zur Musik Ausschnitte der gleichnamigen Erzählung des Dichters Rainer Maria Rilke vorliest. Der Film wurde nach Angaben des Orchesters mit einer 360-Grad-Kamera aufgenommen, so dass die Nutzer zwischen einzelnen Bildspuren immer wieder wechseln können.
Die von der Kulturstiftung des Bundes geförderte eLearning-Plattform richtet sich vor allem an Jugendliche und bietet auch Material für Lehrer. In drei virtuellen Räumen erfahren die Nutzer viel über das Leben und den Umgang mit den Menschen. Hier finden sie Fotos, Originaldokumente oder Filmsequenzen, etwa mit einer Zeitzeugin.
Theresienstadt war der Stiftung Deutsches Historisches Museum zufolge ab 1941 ein ghettoähnliches Lager für rund 141.000 Jüdinnen und Juden und wurde von den Nazis auch zur Propaganda genutzt. Kulturangebote wie Konzerte, Lesungen oder Theateraufführungen sollten den Eindruck eines komfortablen Lebens erwecken. Dabei herrschten in der alten Festungsanlage katastrophale hygienische Bedingungen, die Unterkünfte waren überfüllt und die Menschen hungerten. Viele Menschen wurden von dort aus in Vernichtungslager wie Auschwitz deportiert.