Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) kann Skepsis seiner Landsleute zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine nachvollziehen. «Die Menschen in den neuen Bundesländern haben natürlich über die Jahrzehnte, die sie mit oder unter den Russen der Sowjetunion gelebt haben, auch eine sehr klare Vorstellung über dieses Land, seiner Radikalität und auch Brutalität sowie zur Frage, was ein Menschenleben wert ist oder nicht wert ist», sagte er am Freitag im Politik-Podcast von «Sächsische.de». Sie würden eine andere Betroffenheit fühlen als Menschen in anderen Regionen Europas.
Der Ministerpräsident bezog sich auf ein Umfrageergebnis vom Meinungsforschungsinstitut Civey, wonach 70 Prozent der Sachsen die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine ablehnen. Man müsse diese Haltung stärker ernst nehmen, sagte er. Es sei falsch, eine Position abzulehnen und als Unmöglichkeit darzustellen, die auf diplomatischen Initiativen bestehe. Russland sei der Aggressor, die Ukraine verteidige sich und selbstverständlich brauche dieses Land Unterstützung. Die Frage sei aber, mit welchen Mitteln. «Dieser Konflikt kann nicht auf dem Schlachtfeld gelöst werden, sondern nur durch diplomatische Initiativen.»
Kretschmer sieht Deutschland mit Blick auf frühere deutsche Diplomatie in einer Vermittlerrolle. «Wir haben als Bundesrepublik Deutschland über Jahrzehnte eine Sicherheits- und Verteidigungsstrategie gehabt, die darin bestand, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern und uns in solchen Konflikten zurückzuhalten.» Nun löse sich innerhalb von Wochen und Monaten alles auf, was die Grundlage für die Sicherheitsarchitektur in den vergangenen Jahrzehnten war, ohne das es eine neue Strategie gebe. «Ich erwarte, dass das mit der Bevölkerung diskutiert wird.»