Kinderersatz, Statussymbol, Accessoire für trendige Instagram-Fotos: Hunde spielen heute in den Augen ihrer Besitzer eine ganz andere Rolle als noch vor einigen Jahrzehnten. Beispielsweise sehen Miniaturversionen von Pudeln, Zwergspitz oder Australischen Schäferhunden süß aus und passen in Handtaschen, was sie beliebt macht. Auch luxuriöse Farben erfreuen sich wachsender Beliebtheit: Labradore mit silbernem Fell, blaue Französische Bulldoggen und Chihuahuas.
„Diese verdünnten Farben sehen sehr schön aus, aber es handelt sich nicht nur um Varianten, sondern um echte Missbildungen, schwere genetische Defekte“, erklärt der Tierpathologe und Autor Achim Gruber. Aufgrund angeborener Pigmentstörungen leiden diese Tiere häufig an Hautkrankheiten und Haarausfall.
Gruber: „Viele Hunderassen werden bereits so gezüchtet, dass sie völlig erkrankt sind“
Professor am Institut für Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin (FU) durch sein Buch „Schundene Gefellen“, der Irrwege in der Rassenzüchtung aufklären und Lösungen anbieten möchte. Der Film erscheint am 2. Oktober, zwei Tage vor dem Welttierschutztag. „Wir haben viele Hunderassen geschaffen, die völlig krank sind“, kritisiert der 57-Jährige. „Es gibt keine Rassen in der Natur, das Konzept ist künstlich.“
Gruber sieht zwei fatale Fehlentwicklungen. Einerseits kritisieren Wissenschaftler das ungesunde Aussehen von Möpsen, etwa die Kopf- und Nasenform, die zu Atembeschwerden und Hecheln führt. Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes haben brachyzephale Hunde häufig mit Haut-, Ohren- und Augenproblemen sowie Kiefer- und Zahnfehlstellungen zu kämpfen. Die meisten Menschen leiden unter Atemnot, vertragen Hitze nicht gut und haben Schlafprobleme.
„Heute kennen wir mehr als 80 verschiedene Krankheiten, Leiden und Sinnesstörungen, die als „Nebenwirkungen“ von Medikamenten entstehen, die für extreme Zuchtziele erforderlich sind“, sagte Gruber. Laut Daten einer US-amerikanischen Studie über krebskranke Hunde (Journal „PLOS ONE“, 2023) wird bei reinrassigen Tieren Krebs deutlich früher diagnostiziert als bei Mischlingshunden.
Es gibt zwischen 500 und 800 bekannte genetische Krankheiten
Darüber hinaus gibt es laut Tierpathologen etwa 500 bis 800 bekannte genetische Krankheiten bei Hunden, bei weitem mehr als alle anderen andere Haustiere gehalten. Das hat mit Inzucht zu tun. Eine Lösung ist beispielsweise der sogenannte Retro-Mops, bei dem andere Rassen eingekreuzt werden, was den Tieren eine längere Nase und weniger gesundheitliche Probleme beschert. Ein Designerhund wie ein Labrador oder Maltipoo kann ebenfalls eine Lösung sein, da es sich um Mischlinge handelt.
Die sogenannte Folterzucht ist durch das Tierschutzgesetz eigentlich verboten. Gruber kritisierte, das Gesetz werde kaum durchgesetzt. „Viele Züchter haben das ignoriert, während die zuständigen Veterinärbehörden größtenteils tatenlos zugeschaut haben.“ Nach wie vor drängen sich Rassen mit offensichtlichen Mängeln in großer Zahl in den Wartezimmern von Tierkliniken.
Tierfolter
Der Deutsche Tierschutzbund hat ein Gesetz gefordert, das klar definiert, was Folter ist. „Was viele Besitzer süß finden, ist die Folter der Tiere“, erklärt Verbandssprecherin Leah Schmitz. „Damit Hunde, Katzen und andere Tiere optische Merkmale wie große Augen, bestimmte Fellmuster oder flache Nasen erwerben, müssen Besitzer und Züchter das Leid des Tieres akzeptieren.“ Nicht nur die Zucht, sondern auch die Zucht müsse verboten werden, sagte sie verboten werden. , der Import und Verkauf von Tieren mit Merkmalen der Folterzucht – auch deren Verwendung in der Werbung sollte verboten werden.
Die Zahl der Hunde und Katzen ist in den letzten Jahren bundesweit deutlich gestiegen. Nach Angaben des Zentralverbandes Deutscher Tierfachbetriebe (ZZF) gab es im Jahr 2022 in Deutschland 10,6 Millionen Hunde. Außerdem gibt es 15,2 Millionen Katzen.
Lea Schmitz sagt, dass der illegale Welpenhandel während der Coronavirus-Pandemie aufgrund des Haustierwahns boomt. Französische Bulldoggen, Zwergspitz und Chihuahua haben sich in letzter Zeit als Spitzenreiter im illegalen Tierhandel herausgestellt – Rassen mit belastenden Zuchtmerkmalen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Einschätzung des Tierschutzbundes.
„Mein Eindruck ist, dass viele Menschen Hunde und Katzen mit Markenprodukten wie Autos oder Mode verwechseln“, kritisierte Gruber. „Sie erwarten neue Lackierungen, schlankere Formen, Farben, neue Spaßfaktoren.“ Das größte Problem: „Mutationen bei Hunden und Katzen sind Missbildungen und genetische Störungen, die manchmal starke Schmerzen und Schäden verursachen.“