Lange unbeachtet und jetzt neu entdeckt und hoch gehandelt: Natur-Ölstudien bekannter Künstler des 19. Jahrhunderts bekommen erstmals in Deutschland in Düsseldorf eine große Bühne. Im Kunstpalast sind von Mittwoch bis zum 7. Mai rund 170 Ölstudien unter anderem von Johann Wilhelm Schirmer, Jean-Baptiste Camille Corot, Carl Blechen und Arnold Böcklin zu sehen. Kuratiert hat die Ausstellung «Mehr Licht. Die Befreiung der Natur» der Kunsthistoriker und Bestseller-Autor Florian Illies («Liebe in Zeiten des Hasses»).
Die Ölstudien waren sozusagen ein künstlerischer Schnellschuss im Freien – heute würde man das Handy zücken, um den Sonnenuntergang oder Lichtspiele im Wald einzufangen. Die Künstler vor rund 200 Jahren malten dagegen in wenigen Stunden ihre unmittelbaren Natur-Eindrücke mit Ölfarbe auf Papier oder Pappe. Auch vermeintliche Nebensächlichkeiten wie etwa schlechtes Wetter wurden so zur künstlerischen Kategorie. Die Erfindung der Farbtube 1841 erleichterte das Malen im Freien. Vorher musste die Farbe im Atelier angerührt und in Schweinsblasen verpackt transportiert werden.
Der Kunsthistoriker Illies (51) hat sich schon seit vielen Jahren den lange unbeachteten Ölstudien verschrieben und dafür gesorgt, dass sie in Deutschland bekannter werden. «Für die Künstler waren das keine Kunstwerke, das war für sie Arbeitsmaterial, Ideenreservoir, Motivschatz, Tagebuch», sagt er. «Erst wir mit unseren späteren Sehgewohnheiten machen sie zu Kunstwerken.»
Parallel zur Wertschätzung im 21. Jahrhundert steigt auch der materielle Wert. Während die Auftragsbilder der Landschaftsmaler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts häufig nur noch schwer verkäuflich sind, werden die kleinen Ölstudien für 20.000 bis 30.000 Euro gehandelt.
Das Museum Behnhaus Drägerhaus präsentiert die Ausstellung vom 14. Juli bis 15. Oktober in Lübeck in der Kunsthalle St. Annen.