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Klartext und Kooperation: Die Gratwanderung von Scholz und Erdogan

Die verbalen Angriffe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf Israel und seine Verteidigung der „Tahrir-Gruppe“ der Hamas haben vor einem Besuch in Berlin für eine angespannte Atmosphäre gesorgt.

Bundeskanzler Olaf Scholz kommt mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammen..aussiedlerbote.de
Bundeskanzler Olaf Scholz kommt mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammen..aussiedlerbote.de

Klartext und Kooperation: Die Gratwanderung von Scholz und Erdogan

Wenn Bundeskanzler Olaf Schulz und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan heute gemeinsam vor den Medien auftreten, ist eines ziemlich sicher: Wenn Erdogan Israel auf der öffentlichen Bühne in Berlin weiterhin verbal angreift, und Kanzler Scholz wird darüber nicht schweigen.

Das tat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, als er Israel bei einem Besuch in Berlin vorwarf, ein 50-faches Massaker an Palästinensern begangen zu haben. Die wütende Reaktion auf den Vorfall zeigte sich nicht sofort am Tatort, sondern erst später in Bild: Die Äußerungen seien „unerträglich und inakzeptabel“, hieß es einige Zeit später.

Scholz könnte gewinnen. Mach das nicht noch einmal. Wenn er Erdogan zum Abendessen im Büro des Premierministers empfängt, sollte er auf wiederholte oder neue Angriffe Erdogans auf Israel vorbereitet sein. Vor den Gesprächen ist eine „Pressekonferenz“ geplant, die die einzige öffentliche Rede beider Seiten während des Besuchs sein wird.

Erdogan nennt Israel einen „Terrorstaat“

Obwohl Erdogan die Ermordung Hunderter israelischer Zivilisten bei dem Terroranschlag vom 7. Oktober verurteilte, wurde er später als verantwortliche Hamas bezeichnet eine „Befreiungsorganisation“. Andererseits bezeichnete der türkische Präsident Israel als „Terrorstaat“ und stellte sogar dessen Existenzrecht in Frage. Er sagte am vergangenen Wochenende, dass Israel versuche, „einen Staat aufzubauen, dessen Geschichte erst 75 Jahre alt ist und dessen Legitimität vom Faschismus in Frage gestellt wird“.

Die Deutschen vertreten genau das Gegenteil. Hamas wird hier als Terrororganisation aufgeführt und die Sicherheit Israels liegt im nationalen Interesse Deutschlands. Scholz wies Erdogans verbale Angriffe daher als „lächerlich“ ab. Er will aber die Kommunikationskanäle mit der Türkei nicht blockieren. Er hat wiederholt gesagt, dass es viele Themen gebe, die man mit Erdogan besprechen könne. Aber was genau kann man vom türkischen Präsidenten erwarten?

Die Türkei fungiert als Vermittler im Nahostkonflikt

Deutsche Staatsbürger gehören zu den mehr als 200 Hamas-Geiseln im Gazastreifen. Seit Wochen versucht die Bundesregierung auf allen diplomatischen Wegen, ihre Freilassung zu erreichen. Türkiye könnte als Vermittler in den Beziehungen zur Hamas fungieren.

Katar hat in dieser Hinsicht bisher eine größere Rolle gespielt. Zukünftig könnte sich die Türkei jedoch als Brückenland zwischen dem Westen und der islamischen Welt bei der Suche nach politischen Lösungen für Konflikte im Nahen Osten engagieren. Es steht wie Deutschland für ein friedliches Zusammenleben der Staaten Israel und Palästina.

Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei

Scholz hat gerade von den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer den Auftrag erhalten, an der Wiederbelebung des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei zu arbeiten. Im Jahr 2016 beendet. Durch ihn versprach die Türkei, den Schmuggel an ihren Grenzen zu stoppen und Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln gelangten, zurückzunehmen.

Im Gegenzug erhielt Ankara Milliardenhilfen von der EU, darunter auch die Umsiedlung von Flüchtlingen. Allerdings nimmt die Türkei seit 2020 – aufgrund des Ausbruchs der Coronavirus-Pandemie – keine zurückkehrenden Migranten aus Griechenland mehr auf.

Ein NATO-Mitglied mit guten Beziehungen zu Russland

Als NATO-Mitglied mit guten Beziehungen zu Russland kann die Türkei auch im Ukraine-Konflikt Hilfe leisten. Ankara beteiligte sich aktiv am Abschluss des sogenannten Lebensmittelabkommens. Russland ließ das Abkommen im Juli auslaufen, allerdings erst, bevor Millionen Tonnen ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer exportiert werden konnten. Türkiye drängt auf eine Neufassung des Deals.

Regierung und Gewerkschaften sind sich einig: Der Besuch ist das Richtige

Aufgrund all dieser Punkte sind sich Ampelregierung und Gewerkschaften grundsätzlich einig, dass Erdogans Besuch in Berlin das Richtige ist machen. Einige Kritiker vertreten jedoch eine andere Ansicht.

Can Dündar, ein türkischer Exiljournalist, sagte, jeder, der die Hamas verurteile, müsse Schlussfolgerungen darüber ziehen, wie er mit denen umgehen solle, die die islamistische Gruppe unterstützen. In Deutschland werden Demonstrationen zur Unterstützung der Hamas verboten. „Aber gleichzeitig luden sie einen Hamas-Anhänger ein und rollten ihm den roten Teppich aus. Es ist seltsam, es ist eine Doppelmoral.“

Quelle: www.dpa.com

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