Schutzräume, Militärhelme, abgesaugtes Fett und viel Selbstinszenierung: Zum 250. Jubiläum der renommierten Düsseldorfer Kunstakademie spiegelt die Leistungsschau der Studierenden Krisen und Klischees des 21. Jahrhunderts wider. Seit Mittwoch zeigen die jungen Künstlerinnen und Künstler beim traditionellen «Rundgang» wieder ihre Semester- und Abschlussarbeiten. Die Türen der Akademie waren am Morgen kaum geöffnet, da strömten bereits Hunderte Besucher in die ehrwürdige Akademie. Für Kunstliebhaber, Sammler und Galeristen ist der bis Sonntag dauernde Rundgang die Gelegenheit, neue Talente aufzuspüren.
Schon in einem der ersten Räume zieht Cosima Ramirez die Aufmerksamkeit auf sich: Im silbrigen Stripperinnen-Outfit steht die Studentin unbeweglich in einem Plexiglas-Behälter und stiert ihr Publikum aus Zombie-Augen an. Hinter ihr hängen Militärhelme von der Decke. Ramirez studiert bei Professor Gregor Schneider, der für seine unheimlichen Rauminstallationen bekannt ist.
Seine Schülerin Sophie Schweighart spielt mit Ängsten und Moden: Sie leitet in einem kleinen Badezimmer abgesaugtes Fett von Schönheitsoperationen durch Rohr-Attrappen. Lukas Stöver hat eine Kinder-Schaufensterpuppe erhitzt und verbogen. Auf dem Kopf der unheimlichen schwarzen Puppe landet ein Adler. In einer anderen Klasse hat Kathi Irmen helmähnliche hellblaue und rosafarbene Objekte in einem «Schutzraum» platziert.
Nicht nur die Studenten scheinen in ihren Werken die aktuellen Krisen zu verarbeiten. In Zeiten des Ukraine-Kriegs, der Klima-Krise, der Inflation und jüngst des verheerenden Erdbebens in der türkisch-syrischen Grenzregion suchen auch die Besucher des Rundgangs nach Worten Schneiders «ein Ventil». Allerdings stehe Düsseldorf auch für «Kommerz». Insofern stelle sich auch bisweilen die Frage, was in der Akademie schon für die Öffentlichkeit und den Kunstmarkt produziert werde. «Heute will ja jeder ein Star werden», sagt Schneider.
Die Düsseldorfer Akademie wurde 1773 durch den Kurfürsten Carl Theodor als Kurfürstlich Pfälzische Akademie der Maler-, Bildhauer- und Baukunst gegründet. Während der Weimarer Republik galt die Kunstakademie als rheinisches Zentrum der Avantgarde, bis die Nazis dem ein Ende bereiteten. In der Nachkriegszeit gingen aus ihr Künstler von Weltrang wie Gerhard Richter, Joseph Beuys, Günther Uecker, Andreas Gursky und Jörg Immendorff hervor.