Der Vorsitzende der jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, hat seine Forderung bekräftigt, Weimar als Standort für ein deutsch-israelisches Jugendwerk zu wählen. Für Weimar spreche das «positive Erbe» von Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe oder Friedrich Schiller, sagte Schramm am Samstag MDR Kultur. Zudem verwies er auf die Entstehung der Weimarer Republik. «Und wir haben natürlich auch Buchenwald – als eine Gedenkstätte, die nicht wie jede andere ist», sagte Schramm dem Sender. Zudem verwies er auf eine mehr als 900-jährige jüdische Geschichte in Thüringen.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte die Gründung des Jugendwerks im September 2022 mit der damaligen israelischen Bildungsministerin Jifat Schascha-Biton verabredet. So soll der Jugendaustausch beider Länder ausgebaut werden.
Im Gespräch als Standort ist unter anderem auch Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Schramm hält Wittenberg für ungeeignet. Er wies darauf hin, dass sich die Stadt «Lutherstadt Wittenberg» nennt. «Auch wir wissen, dass das eine große Persönlichkeit ist. Aber wir wissen auch, dass er ein großer Antisemit war.»
Zuvor hatte sich bereits der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein kritisch zu einem möglichen Standort Wittenberg geäußert. «Eine Stadt, in der mit der ‘Judensau’ an der Stadtkirche Judenfeindlichkeit so offen ausgestellt wird, kann für jüdische Israelis kein Ort des Willkommens sein», hatte Klein erklärt. In Wittenberg wird seit Jahren über das mehrere Hundert Jahre alte antijüdische Schmährelief an der Stadtkirche gestritten. Es zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch Spitzhüte als Juden identifiziert werden sollen. Eine als Rabbiner geltende Figur hebt den Schwanz des Tieres und blickt in den After. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein.