2022 bricht alte Rekorde für Tankstellen. Spritpreise weit über zwei Euro und täglich zweistellige Preissteigerungen schrecken Autofahrer ab. Eine letzte Anmerkung: Im Durchschnitt kostet ein Liter Superbenzin E10 nach ADAC-Berechnungen rund 1,86 Euro und 1,95 Euro für Diesel. Das sind etwa 27 bzw. 47 Cent mehr als 2012, das bisher teuerste Panzerjahr.
Und was Neues: Ölpreise sind nicht der einzige Grund. In der Vergangenheit folgten die Kraftstoffpreise fast immer den Rohölpreisen. Aber als die Treibstoffpreise kurz nach Beginn des Ukrainekriegs in die Höhe schossen, spielten sie eine Rolle, die weit über das hinausging, was man allein von den Ölpreisen erwarten konnte. Der Preis für das für Europa wichtige Brent-Rohöl, eine Nordseesorte, stieg Anfang März auf 140 Dollar pro Barrel, hat aber im Gegensatz zu den Kraftstoffpreisen kein Rekordhoch erreicht. Eine „nachhaltige Entkopplung“ hat auch das Bundeskartellamt festgestellt, das derzeit gegen die Branche ermittelt.
Ölgesellschaften machten “sehr große Gewinne”
Aber was trieb die Preise damals in beispiellose Höhen? Dabei kamen mehrere Faktoren zusammen: Im Zwischenbericht der Ermittlungen hob das Kartellamt hervor, dass Mineralölkonzerne mit ihren Raffinerien „sehr große Gewinne“ machten. Auch ADAC-Kraftstoffmarktspezialist Jürgen Albrecht erwähnte Raffinerien. Ihre Erträge werden sich vervielfachen.
Das stimmt mit den vom Kartellamt erhobenen Daten überein. Während die durchschnittliche Nettomarge bei Benzin oder Diesel im Jahr 2021 nie über 3 Cent pro Liter lag und teilweise negativ war, stieg sie ab März 2022 stark an. Benzin lag im Mai bereits bei gut 15 Cent und Diesel bei rund 13 Cent. Auch die einzelnen Raffineriemargen überstiegen 25 Cent pro Liter.
Spätere Meldungen des Numerischen Kartellamtes wurden in diesem Zeitraum nicht gefunden, aber laut Albrecht blieben die Gewinnspannen hoch und stiegen in den Folgemonaten sogar noch an. Auch auf anderen Ebenen gibt es gute Gehälter.
Die Industrie sucht nach Alternativen zum Erdgas
Dazu kommen noch weitere Faktoren: In der ersten Kriegsphase spielten unsichere und instabile Lieferketten eine Rolle Wirkung. Auch Diesel werde als fertiges Produkt in großen Mengen aus Russland importiert und die Industrie kaufe ihn nun verstärkt als Gasalternative ein, so Albrecht.
Der Unterschied zwischen einem teuren und teuren Tankjahr und einem Extremjahr sind die Wochen rund um den Beginn des Ukrainekrieges, in denen die Treibstoffpreise beschleunigten: Allein in den ersten zehn Märztagen war E10 dabei um 38 Cent und Diesel um 58 Cent. „So etwas hat es noch nie gegeben“, sagte Albrecht. „Für die Betroffenen wird es richtig teuer.“ Dieselpreise übertreffen Benzin mit Spitzenwerten von über 2,32 Euro und E10 mit über 2,20 Euro – dem bundesweiten Tagesdurchschnitt. Selbst bei einem Kleinwagen kann eine Tankfüllung plötzlich über 100 Euro kosten.
Dies kann sich auch im Kraftstoffverbrauch widerspiegeln. Obwohl die Frühlingsbeschränkungen weitgehend aufgehoben wurden, bleibt der Verbrauch, insbesondere der Benzinverbrauch, deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie. Dies belegen amtliche Mineralöldaten zu Kraftstofflieferungen. Benzin erreichte im Sommer das Vor-Corona-Niveau. Inzwischen greifen jedoch milliardenschwere Spritsteuersenkungen, die die Verbraucher entlasten sollen. Im September – nach dem Ende der Steuersenkung – brachen die Lieferungen ein. Neuere Daten liegen nicht vor.
Die Preise sind wieder gesunken
Die Kraftstoffpreise schwanken seitdem. Benzin hat sich kürzlich sogar “nach monatelanger Übertreibung wieder normalisiert”, wie Albrecht es ausdrückt. Beim Diesel ist dies noch lange nicht erreicht – auch wegen der anderen genannten Faktoren. „Aber im Vergleich zum Oktober geht es zumindest in die richtige Richtung“, sagte Albrecht.
Die Ölpreise sind im Laufe des Jahres wieder gefallen, und ab dem Sommer machen sich auch hier immer mehr bemerkbar. In letzter Zeit schwankte der Preis um 80 $. Der Rückgang war vor allem auf die eingetrübten Konjunkturaussichten zurückzuführen. Zeitweise sind die Ölpreise so stark gesunken, dass sogar der mächtige Ölkonzern OPEC+ (zu dem Russland gehört) die Produktion kürzen musste.
Laut Albrecht hängt die Zukunft der Treibstoffpreise unter anderem vom Krieg in der Ukraine, der Weltwirtschaft und dem Winter ab. Die Dieselpreise dürften eher im Frühjahr sinken, wenn die Nachfrage nach ähnlichen Heizölen sinken wird. Albrecht betonte jedoch, dass es nicht möglich sei, zuverlässig vorherzusagen, wie lange andere idiosynkratische Faktoren wie die Industrienachfrage anhalten werden. „Aber ich gehe davon aus, dass sich irgendwann auch der Diesel wieder normalisieren wird.“