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„International Morning Pint“ – die Mutter aller politischen Gespräche

"Internationaler Frühschoppen"
Fernseh-Moderator Werner Höfer (3.v.r.) im August 1987 mit seinen Gästen, darunter die ehemaligen Regierungssprecher Klaus Bölling (r) und Peter Boenisch (l).

Vor 70 Jahren, am 30. August 1953, wurde „International Morning Pint“ im Fernsehen uraufgeführt. Für Spätgeborene: Das hat nichts mit Einkaufen zu tun, sondern mit dem Brauch, zwischen dem Kirchenbesuch und dem Sonntagsbraten, dem „Frühschoppen“, etwas trinken zu gehen.

Diese ebenso betrunkene, rauchige Gruppe wurde von einem Herrn mit schütterem Haar und dicker Hornbrille angeführt: Werner Höfer (1913-1997). Er leitete die Show 35 Jahre lang – erst anderthalb Jahre lang im Radio, dann auch im Fernsehen. 1985 sagte er: „Während des TV-Experiments wurde ich als Versuchskaninchen benutzt.“ Rückblickend gilt „International Brunch“ als die Mutter aller politischen Gespräche.

Minimalistische Studioumgebung

Nachdem Frühschoppen 1953 im Fernsehen erschien, folgte es die Hälfte seines Lebens diesem Muster. Punkt zwölf Uhr mittags verkündet die dröhnende Stimme von Egon Hoegen aus der Verkehrserziehungsserie „Der siebte Sinn“ „sechs Journalisten aus fünf Ländern“. Anschließend sieht man diese Gäste hinter Moselgläsern in einem minimalistischen Studioambiente sitzen, und Werner Höfer leitet die Show mit Sätzen ein wie: „Die Freude, Dich wiederzusehen, ist die reinste und reinste aller Weihnachtsfreuden.“ Die seltenste von allen.“

Die Wiederholung des Gleichen befriedigt das Bedürfnis einer vom Krieg zerrissenen Generation nach dem Gleichen. Als sich Hofer 1954 erlaubte, sich einige Wochen frei zu nehmen, erreichte die Westdeutsche Nachrichtenagentur eine Flut von Protestbriefen. Seitdem hat Hoffer die Show nie wieder scheitern lassen. Er macht nur Urlaub auf der Insel Sylt und fährt jedes Wochenende von und nach Köln. Als er Sylt 1962 wegen einer Hochwasserkatastrophe nicht verlassen konnte, kommandierte er per Telefon den „Frühschoppen“. Optisch hat sich Höfer im Laufe der Jahre kaum verändert.

Smoky Veil

Obwohl Ausschnitte, die noch auf YouTube verfügbar sind, Lorio sehr ähneln, sind einige Elemente des heutigen Stand-Ups bereits erkennbar: Es gibt einen Gastgeber mit Gästen und einen möglichst aktuelles Thema. Sobald die ehrwürdige Runde eine hitzige Diskussion drohte, die halbwegs scheiterte, griff Hoffer ein und zwang alles wieder zum Ritual der Abwechslung. Schließlich ist heute Sonntag, also muss es ruhig sein. Wenn hingegen einer der Gäste eine minutenlange Polemik von der Seite vorliest, wie es in einer Sendung über Beethoven geschieht, wird das bedenkenlos toleriert.

Üblicherweise diskutieren Hofer und seine Gäste über Themen aus der Spitzenpolitik. Und das keineswegs nur aus Deutschland. Nicht selten verbringen Herren eine Stunde damit, sich über die französische Innenpolitik auszutauschen. Und gehen Sie einfach davon aus, dass der Betrachter mit den grundlegenden Fakten vertraut ist. Keine Schnitte und erklärenden Passagen mehr: Wie auch immer, irgendwann verliert man den Überblick, weil die Gruppe dann hinter einem Schleier aus Zigarettenrauch verschwindet. Lange Zeit spielten sie hauptsächlich Kellnerinnen in der Luft und füllten eifrig Männergetränke nach. Als Hofer 1985 von dem jungen Thomas Gottschalk interviewt wurde, berichtete die 71-Jährige: „Es kommen immer Briefe von Feministinnen: ‚Warum immer von Frauen in diesen Dienstposten? Warum nicht von Männern?‘“ Das Publikum lachte und applaudierte .

Das Ende kam plötzlich. Im Dezember 1987 grub der Spiegel einen Hetzartikel von Hoefel aus der Zeit des Nationalsozialismus aus. Hoffer wand sich, wich aus und entschuldigte sich immer wieder. Dann muss er gehen. Die Nachfolgesendung war „The Press Club“, die noch heute läuft. Bis heute gibt es den „International Morning Pint“ in Phoenix: Wenn „The Press Club“ absagt, ist er immer da.

Hofer lebte nach seinem Weggang noch ein Jahrzehnt, wurde aber gemieden. Der Publizist Sebastian Haffner („Hitler Notes“) war einer der wenigen, die ihm zur Seite standen, als er in den 1930er Jahren vor den Nazis nach England floh. Er sagte: „Wenn alle Ex-Nazis nach dem Krieg wie Werner Hofer für die Demokratie gearbeitet hätten, dann müssten wir uns keine Sorgen um den Fortbestand der Demokratie machen.“

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